Frank Zimmer

„Man muss es wirklich wollen und ein bisschen verrückt sein“ – 7 Fragen an Marlon Bröhr

Marlon Bröhr lässt am Mittelrhein niemanden kalt. Für die einen ist er der Mann, der die Brücke verhindert, für die anderen ein Politiker mit klaren Vorstellungen und ein CDU-Star von morgen. Der junge Landrat des Rhein-Hunsrück-Kreises fällt allein schon durch seine Biografie auf: Bröhr ist promovierter Zahnarzt und arbeitete vor seinem Wechsel in die Kommunalpolitik in der eigenen Praxis in Kastellaun. 7 Fragen an einen Mittelrhein-Politiker mit Möglichkeiten.

Rheinfels-Fan: Marlon Bröhr hoch über St. Goar.
Rheinfels-Fan: Marlon Bröhr hoch über St. Goar.

Du hast 2018 landesweit für Aufsehen gesorgt, weil du die Mittelrheinbrücke nicht bezahlen wolltest. Jetzt wird auf Kosten des Landes geplant. Ist ein Bau bis zur Bundesgartenschau 2029 realistisch?

Ehrlich gesagt, halte ich das aus zwei Gründen für äußerst unwahrscheinlich. Entsprechende Planungsverfahren benötigen oft viele Jahre, und gebaut werden müsste die Brücke ja auch noch. Dazu fehlt es bislang jedoch an einem Grundsatzbeschluss des Landes, die Mittelrheinbrücke in eigener Zuständigkeit überhaupt bauen zu wollen! Der ist aber dringend notwendig, weil Experten festgestellt haben, dass die Landkreise dafür nicht zuständig sind.

Über die Brücke wird am Mittelrhein fast schon religiös gestritten. Warum ist es ein so emotionales Thema?

Das ist schnell erklärt. Die Menschen können nicht verstehen, wieso es zwischen Mainz und Koblenz keine feste Rheinquerung gibt, wo es doch an der Mosel gefühlt alle 400 Meter eine Brücke gibt. Und ehrlich gesagt: ich verstehe das auch nicht.

Warum ist es eigentlich nicht möglich, statt einer Brücke einen staatlich bezuschussten und verlängerten Fährbetrieb einzurichten?

Ich glaube schon, dass das möglich wäre. Dann müsste man den Fährbetrieben finanziell so attraktive Angebote machen, die sie nicht ablehnen können.

Das Obere Mittelrheintal ist nicht nur geografisch zersplittert. Boppard hat den Vierseenblick und Bacharach den Vier-Landkreise-Blick. Siehst du eine Chance für eine kommunale Flurbereinigung über die bisherigen Kreisgrenzen hinaus?

Vorstellbar ist vieles. Ich persönlich glaube nur, dass in Kommunalreformen, insbesondere in jene der Landkreise, zu viele Hoffnungen projiziert werden. Größe ist nicht alles. Unser Rhein-Hunsrück-Kreis ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass auch kleine Kreise wirtschaftlich und finanziell im Verhältnis zu größeren, benachbarten Kreisen durchaus glänzen können. Um nur ein Beispiel zu nennen: In der Kategorie „niedrigste Verschuldung“ liegt der Rhein-Hunsrück-Kreis seit Jahren ganz vorne.

Das bedeutet aber nicht, dass es nicht sehr sinnvoll und auch notwendig ist, insbesondere in der touristischen und wirtschaftlichen Entwicklung des Rheintals eng mit anderen Landkreisen zusammenzuarbeiten. Das geschieht aber bereits intensiv, man denke nur an den Zweckverband Welterbe Oberes Mittelrheintal.

Die Kommunalverfassung in Rheinland-Pfalz ist komplizierter als anderswo. Es gibt mehr Verwaltungsebenen und viele kleine Ortsgemeinden und Städte mit ehrenamtlichen Bürgermeistern. Passieren deshalb mehr Fehler wie zum Beispiel beim Pannenprojekt „Rheinbalkon“ in St. Goar?

Nein, das glaube ich nicht. Vielmehr habe ich den Eindruck, dass die Kleingliedrigkeit der rheinland-pfälzischen Gemeindestruktur einen Wettbewerbsvorteil darstellt, weil dadurch sichergestellt ist, dass sich viele Menschen vor Ort für die Belange ihrer Gemeinde einsetzen. Für die eingetretene Kostensteigerung beim Rheinbalkon kann man nach meinem Dafürhalten auch nicht den Gemeinderat oder den Bürgermeister verantwortlich machen.

Als Zahnmediziner bist du selbst ein Quereinsteiger in der Kommunalpolitik. Was hat dich daran gereizt?

Man muss es wirklich wollen und ein bisschen verrückt sein.

Zum Schluss noch die 3 Mittelrhein-Tipps. Welche Orte, Lokale oder Geschäfte gefallen dir im Welterbe-Tal besonders gut?

Das ist wirklich sehr schwierig. Es gibt so viele wunderbare Orte. Nun denn: Ich liebe es, im Restaurant auf der Burg Rheinfels zu weilen und auf Vater Rhein hinunterzuschauen. Besonders schön finde ich es zudem, aus ähnlichen Gründen, nach einem aufregenden Spaziergang durch die Weinberge im Günderodehaus einzukehren. Last but not least bin ich immer gerne auf dem Marktplatz in Boppard, schlecke ein Eis und beobachte das rege Treiben der Perle am Rhein.

 Schlussredaktion: Natsascha Meyer

Bisher in der Reihe „7 Fragen an …“ erschienen:

Sebastian Busch (Landtagskandidat aus Lorch) – Christian Büning (Designer aus Oberwesel) – Sandra Bruns (Instagrammerin und Journalistin aus Emmelshausen) – Hasso Mansfeld (PR-Berater und Brücken-Aktivist aus Bingen) – Peter Theis (Gastronom und Shop-Betreiber in St. Goar) – Esther Pscheidt (Treibholzkünstlerin aus Lorch) – Wolfgang Blum (Wanderführer und Welterbe-Botschafter auf dem Rheinsteig) – Markus Fohr (Brauereibesitzer und Bier-Sommelier aus Lahnstein) – Christin Jordan und Lars Dalgaard (Journalisten und Winzer in Eltville und Oberdiebach) – Nadya König-Lehrmann (Welterbe-Managerin in St. Goarshausen) – Jörg Lanius (Winzer in Oberwesel) – Mario Link (Lebensmittel-Händler in Boppard) – Rolf Mayer (Kultur- und Event-Manager in Boppard) – Uwe Girnstein (Hotelier in Kamp-Bornhofen)  – Stefan Herzog (Tourismus-Berater und früherer Marketingchef für die Region Rheinhessen) – Horst Maurer (Welterber-Gästeführer aus Oberdiebach) – Gerd Ripp (Gastronomie-Unternehmer auf Schloss Rheinfels und Maria Ruh) – Niko Neuser (Kommunalpolitiker aus Boppard) – Christof A. Niedermeier (Krimi-Autor aus Frankfurt und Schöpfer von „Jo Weidinger“) – Stefan, Andreas und Markus Wanning (Gin-Macher aus Münster-Sarmsheim) – Christoph Bröder (Burgenblogger auf Sooeneck) – Hubertus Jäckel (Architekt aus Oberwesel) – Bernd und Marion Stahl (Gastronomen in Boppard) – Markus Hecher (Burgherr auf Rheinstein) – Timo Ahrens (Strandbar-Gründer aus Oberwesel) – Philipp Loringhoven (Kommunalpolitiker aus Boppard) – Carolin Riffel (Winzerin aus Bingen) – Sarah Hulten – Ex-Weinkönigin, Winzerin und Riesling-Influencerin aus Leutesdorf – Walter Mallmann (Politiker aus St. Goar) – Franziskus Weinert (Einzelhändler und E-Commerce-Experte aus Oberwesel) – Klaus Becker (Präsident der TH Bingen) – Marek Gawel (Hotelier aus Boppard) – Andreas Roll (Initiator der Bopparder „Stolpersteine“, Kommunalpolitiker und Verkehrsplaner) – Rolf Wölfert (Tourismuschef in Rüdesheim) – Joachim Noll und Susanne Pander(Reeder in Boppard) – Tanja Werle (Bloggerin im Rheingau) – Anna Elisabeth Bach (Pensionsbesitzerin, Heilpraktikerin und Himalaya-Reisende aus Boppard) – René Klütsch (Koch und Gastronom in Boppard-Weiler) – Herbert Piel (Fotograf aus Holzfeld) – Andreas Stüber (Hotelier und Koch aus Bacharach) – Claudia Schwarz (Tourismus-Managerin und Welterbe-Repräsentantin aus St. Goar) – Sonja Spano (Restaurant-Einrichterin und Raumausstatterin in Boppard) – Marcel D’Avis (Banker und Designer aus Oberwesel) – Gero Schüler (Winzer und Student aus Steeg)

Termine des Tages

Bingen und Rüdesheim – Schiffsexkursion „Lebensader Oberrhein“ – 25. November, 9 Uhr 15 (Bingen) bzw. 9 Uhr 30 (Rüdesheim), nabu-rheinauen.de

Burg Rheinstein – „Märchenhafte Weihnachtsburg“ – 25. November, ab 12 Uhr. VG Rhein-Nahe

Bingen – „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ im Programmkino Kikubi – 25. November, 15 Uhr. bingen.de

Foto des Tages

 

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