Frank Zimmer

Zugezogener und Heimkehrer: 7 Fragen an Marcus Schwarze

Koblenzer müssen nicht in Berlin oder Hamburg suchen, um einen Digitalexperten aus der Ersten Liga zu finden. Seit 2018 lebt und arbeitet Marcus Schwarze wieder in der Stadt, der frühere Onlinechef der „Rhein-Zeitung“. Den gebürtigen Niedersachsen zog es nach einem Abstecher nach Berlin zurück in seine Wahlheimat. Hier hilft er Unternehmen und Organisationen bei Digitalisierung und Öffentlichkeitsarbeit. Für die Bundesgartenschau 2029 betreut er den Buga-Blog. 7 Fragen an einen Medienprofi und Digitaldenker.

Buga-Blogger: Marcus Schwarze macht Öffentlichkeitsarbeit für die Bundesgartenschau.
Buga-Blogger: Marcus Schwarze macht Öffentlichkeitsarbeit für die Bundesgartenschau.

Marcus, du bist am Mittelrhein Zugezogener und Heimkehrer zugleich. Was hat dich dazu gebracht, von deiner Heimatstadt Hannover nach Koblenz zu wechseln, und warum bist du 2018 hierher zurückgekehrt? 

Es war vor 9 Jahren beruflich eine große Chance, mich weiterzuentwickeln. Social Media kam 2010 gerade auf, ich hatte für die „Hannoversche Allgemeine“ ein paar Dinge als Online-Redakteur eingerichtet – da kam die Anfrage aus Koblenz, ob ich das auch für die „Rhein-Zeitung“ machen könnte. 6 Jahre durfte ich mit den Kollegen hier als Mitglied der Chefredaktion einiges bewegen. Nach Berlin zog es mich, als die Möglichkeiten in Koblenz geringer wurden. Bei der „Berliner Morgenpost“ und der Agentur Storymachine habe ich einiges gelernt über den Medienbetrieb. Es war ein sehr intensives Jahr. Berlin muss man sehr mögen, um dort zu arbeiten. Die Reisestrapazen von und nach Koblenz, wo meine Familie lebt, hatte ich unterschätzt. Ich habe deshalb im Oktober 2018 die Reißleine gezogen – und bin jetzt wieder in Koblenz als selbstständiger Journalist und Berater für Digitale Kommunikation.

Dein großes Thema ist die Digitalisierung. Auf welchem Stand ist das Mittelrheintal?

Überall im Ländlichen spüren wir die Mängel, da macht das Mittelrheintal keinen herausragenden Unterschied. Was mir immer wieder auffällt: Da gibt es Gegenden, da hast du nicht mal Edge-Mobilfunk, und sogar der Deutschlandfunk kommt nur verrauscht an. Ich will jetzt nicht das hohe Lied auf Berlin singen, in der U-Bahn dort klappt der Internetzugang auch noch nicht überall. Aber es macht ja schon was mit den Menschen, wenn sie viele Alltagsdinge mit Hilfe von mobilen Apps regeln können. Und sei es nur, den schnellsten Weg von hier nach dort zu finden.

Unsere Kinder sind die verlorene Generation: Ihre Schulen bieten noch keinen iPad- oder irgendwie durchdachten digitalisierten Unterricht an. Die Lehrer werden mit der Digitalisierung allein gelassen. Wenn da einer eine WhatsApp-Gruppe einrichtet, stirbt sie kurz darauf an Datenschutzbedenken, und die Schüler machen dann unter sich eigene Gruppen auf. Dabei ist die so genannte „hidden IT“ gerade in Schulen immens stark. Es geht ja nicht mehr um Wissen. Es geht um Methoden. Meine Generation musste sich noch Wissen aneignen. Die heutige Generation googelt das einfach. Was man damit macht, ist eine andere Frage.

Wie eine ganze Branche, zum Beispiel die Ärzte, noch immer nicht verstanden hat, dass die Digitalisierung Vorteile bietet, macht mich wütend. Wir wandeln uns von der Wissens- zur Methodengesellschaft: Ich kann mir problemlos das Wissen über eine persönliche Krankheit aneignen, alles und wirklich alles bis hin zu neuesten Forschungserkenntnissen dazu lesen, und dann macht sich der Arzt mit einem Aushang darüber lustig: „Wer seine Krankheit bei Google erforscht hat, möge sich bitte bei Yahoo eine zweite Meinung einholen“. Nein, der Arzt vor Ort muss eben die gleichen Suchen und die Ergebnisse kennen – und mir am besten die 2 einzig empfehlenswerten Links bereitstellen. Praxis ist allerdings, dass er aus Datenschutzgründen nicht einmal für eine Terminvergabe per E-Mail erreichbar ist.

Wie wichtig ist die Digitalisierung für die Mittelrhein-Buga?

Die Buga 2029 ist ein immens starkes Investitionsprogramm fürs Mittelrheintal. 108 Millionen Euro werden investiert. Dabei kommt dem Tourismus ein besonderer Stellenwert zu: Er wird bekanntlich zunehmend digitaler. Und dann versuchst Du mal, am Loreley-Plateau die TripAdvisor-Tipps für gutes Essen in der Nähe zu laden… Mit Edge macht das keinen Spaß.

Dabei ist ja noch viel mehr möglich: Ich war überrascht, wie gut das Angebot an mietbaren Elektrorollern und Elektroautos in Berlin ist. An jeder zweiten Ecke stehen die Dinger, man kann sie einfach mit einer App ausfindig machen, aufschließen und losfahren. Die Rechnung kommt kurz danach per Mail. So etwas fände ich fürs Mittelrheintal hochinteressant, wegen der manchmal steilen Strecken interessanter als einen Fahrrad-Mietservice. Das alles steht und fällt aber mit der Internetanbindung vor Ort.

Die Digitalisierung ist auch eine Chance für neue Arbeitsmodelle. Arbeiten von zu Hause aus wird vielfach erst mit guter Internetanbindung möglich.

Du machst Öffentlichkeitsarbeit für die Buga. Was genau ist dein Job?

Ich arbeite als selbstständiger Journalist auch für die Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz, betreue mit den Kollegen Inhalte auf der Webseite buga2029.blog und dem Buga-Facebook-Kanal. Dabei kommt im Mittelrheintal den Social-Media-Kanälen eine besondere Bedeutung zu. Das Wissen aus der Region teilen sich die Bewohner jetzt schon sehr stark in Facebookgruppen und auf Facebookseiten. Hier können wir positive Impulse weiterverbreiten.

Was ist für 2019 konkret geplant?

Wir haben gerade eine Serie gestartet, um auf Basis der Machbarkeitsstudie für die Buga genauer deutlich zu machen, was in den nächsten zehn Jahren auf dem Weg zur Bundesgartenschau passieren sollte. Dabei ist auch zu überlegen, wie wir Leser besser erreichen.

Wie organisiert ihr den Dialog mit den Leuten vor Ort?

Der Buga-Dialog findet online und offline statt. Facebook und der Buga-Blog sind gut genutzte Wege. Aber auch im Jahr 2019 wird die Entwicklungsagentur das Thema Buga bei Veranstaltungen in den Orten vorstellen. Das läuft seit 2 Jahren richtig gut.

Jetzt noch der Geheimtipp. Was ist dein persönlicher Favorit im Mittelrheintal?

Der Blick von der Festung Ehrenbreitstein auf Koblenz ist beim Sonnenuntergang im Sommer die Schau. Noch spannender fand ich allerdings, mit der Drohne die Hängeseilbrücke Geierlay zu erkunden – ist zwar nicht ganz das Mittelrheintal, aber ein toller Besuchermagnet.

Schlussredaktion: Natascha Meyer

 

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#Koblenz #deutscheseck #ehrenbreitstein #Sonnenuntergang #nofilter #sunset #Rhein #Mosel

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Disclaimer: Die Buga 2029 ist Partner und Sponsor von Mittlerheingold.

Zuletzt in der Reihe „7 Fragen an …“ erschienen

Claudia Schwarz (Tourismus-Managerin und Welterbe-Repräsentantin aus St. Goar) – Sonja Spano (Restaurant-Einrichterin und Raumausstatterin in Boppard) – Marcel D’Avis (Banker und Designer aus Oberwesel) – Gero Schüler (Winzer und Student aus Steeg) – Marlon Bröhr (Landrat des Rhein-Hunrück-Kreises) – Matthias Pflugradt (Medienprofi, Bestatter und Loreley-Rebell aus St. Goarshausen) – Heinz-Uwe Fetz (Weinbau-Präsident, Winzer und Gin-Macher aus Dörscheid) – Michael Maul (Sprecher der Fährbetriebe am Mittelrhein) – Martin Nickenig (Bäckermeister in Boppard) – Walter Bersch (Bürgermeister von Boppard) – Robert Wurm (Ex-Manager und Winzer in Lorch)

Termin des Tages

Bacharach-Steeg – „Leuchten und Glühen“ / Glühweinwanderung in Steeg mit Gero Schüler  – 13. Januar, 13 Uhr 15. Facebook

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