Michael Maul ist so etwas wie der Klassensprecher der Fährleute. Als Vorsitzender des Deutschen Fährverbandes vertritt der Chef der Ingelheimer „Rheinfähre Maul“ auch die Interessen seiner Kollegen in Bingen/Rüdesheim, Niederheimbach, Kaub, St. Goar und Boppard. 2018 war für die Branche ein Horrorjahr; das Niedrigwasser hätte den Niederheimbacher Familienbetrieb von Michael Schnaas fast die Existenz gekostet. Jetzt rollt der Verkehr wieder, aber die Debatte um 24-Stunden-Fähre, Brücke und Staatshilfen bleibt auch 2019 aktuell. Ein Gespräch über Diskussionen der Vergangenheit und Lösungen für die Zukunft.
Das Niedrigwasser ist vorbei. Wie groß war der Schaden für die Fährbetriebe?
Man kann die Frage kurz beantworten: Groß. Wir haben gerade Zahlen zusammengestellt, um selbst einen Überblick zu bekommen. Vom Imageschaden und den ruinierten Nerven mal abgesehen, sind es über 400.000 Euro für alle Betriebe, die wir in Notmaßnahmen zur Aufrechterhaltung der Betriebe gesteckt haben, bzw. an Verdienstausfällen aufgelaufen sind. Die Zahl verteilt sich allerdings nicht gleichmäßig, einen oder -zwei Betriebe hat es besonders getroffen. Auf der anderen Seite sind wir natürlich stolz darauf, dass 5 von 6 Fähren trotz der dramatischen Situation so den Betrieb aufrecht erhalten konnten – ohne Einschränkungen für unsere Fahrgäste.
Der Klimawandel wird weitere Trockenperioden mit sich bringen. Was lässt sich technisch machen, damit die Fähren weiter fahren können?
Ob Klimawandel oder Bodenversiegelung, wir diskutieren momentan intensiv, wie wir mit der veränderten Situation umgehen. Offensichtlich müssen wir mit weiteren Trockenperioden in der Zukunft rechnen. In diesem Jahr wurde viel Geld in die Anlegestellen gesteckt, um sie auch bei Niedrigwasser weiter anfahren zu können.
Ansonsten helfen uns nur Wasserbaumaßnahmen. Das heißt. die Fährstrecken müssen regelmäßig ausgebaggert und frei gehalten werden. Eigentlich, sollte man meinen, wäre es hier die Aufgabe des Staates, die Infrastruktur wie bei einer Straße zur Verfügung zu stellen. Bisher müssen wir das selbst bewerkstelligen. Das kann so nicht weiter gehen.
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Brückenprojekte bei St. Goar und Bingen machen den Fähren zusätzlich zu schaffen. Wie groß ist die Verunsicherung und wann rechnet ihr mit einer Entscheidung?
Wenn ich ehrlich bin, recht wenig. Die Diskussionen werden geführt, solange ich denken kann – und das schon zu Zeiten meines Vaters und Großvaters. Kommt eine Wahl, und jemand will sich profilieren, dann packt er das Thema aus und alle geraten in Hektik. Passieren tut letztendlich nichts. Dabei gibt es durchaus Gründe gegen, aber auch für eine Brücke. Aber mal ehrlich: Die Brücke kommt nicht. Das kann man bedauern oder auch nicht. Sie wird nicht kommen, mit Sicherheit nicht in den nächsten 30 Jahren. Anstatt immer wieder auf diesen Zug zu aufzuspringen, sollte ehrliche und vernünftige Politik betrieben werden: Wir haben ein wunderschönes Weltkulturerbe Mittelrheintal, und Fähren sind ein Teil davon. Viele Politiker reden lieber über die Fähren, statt mit uns Fährleuten daran zu arbeiten, diese durchaus reizvolle Situation möglichst gut zu gestalten. Aber das ist vielleicht nicht pressewirksam genug.
Ist die Alternative „Staatlich subventionierter 20- oder 24-Stunden-Fährbetrieb“ eigentlich jemals seriös kalkuliert und politisch diskutiert worden?
Wir sind immer wieder erstaunt, wer alles glaubt, dazu etwas sagen zu können. Ernsthaft geredet wird darüber selten, der letzte vernünftige Ansatz kam vom Kreis Mainz Bingen und ist im Sande verlaufen. Dabei ist eine Umsetzung natürlich möglich, die Kosten sind dabei maßgeblich von der jeweiligen Fährstelle und dem gewünschten Angebot abhängig. Übrigens verkehrt die Fähre in Rüdesheim im Sommer bis 24:00 Uhr und am Wochenende bis 01:00 Uhr. Genutzt wird das Angebot eher wenig, trotzdem wird es aufrechterhalten. Ähnlich sah es bei dem Projekt Fährzeitverlängerung bei der Fähre Loreley 2012 bis 2016 aus. Wenn auch nur ein kleiner Teil der Leute, die angeblich eine Nachtfähre brauchen, auch tatsächlich dann mal fahren würden, dann gäbe es die auch schon längst.
Gibt es vergleichbare Modelle in anderen Regionen oder Ländern?
Es gibt Länder (z.B. Frankreich), in denen die Fähren als notwendiger Teil der Infrastruktur gesehen werden und hier auch entsprechend unterstützt und betrieben werden. In Deutschland ist das leider nicht so – wie man schon an dem Problem „Gewährleistung ausreichender Wassertiefe an Fährstellen“ sieht.
Das Thema „Brücke“ sorgt im Internet immer für Emotionen. Werdet ihr auch direkt in der täglichen Arbeit darauf angesprochen?
Das kommt natürlich auch auf den Fähren immer mal wieder vor. Mit ganz unterschiedlichem Ansatz. Viele loben uns für unsere Arbeit, andere üben mehr oder weniger berechtigte Kritik. Für viele ist die Überfahrt eine kurze Zeit zum Durchatmen, und gerade Touristen nutzen die Fähre als Teil ihres Urlaubserlebnisses. Schade finde ich es nur, wenn es unsachlich wird oder die Arbeit der Fähren schlecht gemacht wird, um fehlende Brückenargumente auszugleichen. Tatsächlich ist die Stimmung auf den Fähren aber überwiegend positiv, und das macht natürlich auch uns Spaß.
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Welche von den 5 Fähren im Welterbe-Gebiet gefällt dir eigentlich am besten? Wo fährst du besonders gerne mit?
Hm. Eine gefährliche Frage. Schließlich werden das auch meine Kollegen lesen 🙂 Dabei hat jede Fährstelle am Mittelrhein zwischen Bergen, Burgen und Wein ihren Reiz. Zwischen Bingen und Rüdesheim verkehren die modernsten und eindrucksvollsten Rheinfähren überhaupt, das ist immer wieder toll zu sehen, was heute möglich ist. Gleich nebenan in Lorch bekommt man auf einer schönen und langen Überfahrt quasi eine Rheinschifffahrt für kleines Geld. In Kaub hat man das Erlebnis, um die Pfalzgrafenstein herum zu fahren, und wie außergewöhnlich die Fährstelle in St. Goar an der Loreley ist, das sieht man auf den ersten Blick. In Boppard hat man übrigens das Vergnügen, mit dem ältesten Fährschiff Deutschlands zu fahren. Aber am Schönsten ist es natürlich auf meiner Fähre in Ingelheim.
Der SWR hat Michael Maul im vergangenen Frühjahr besucht. Das Video ist noch online:
Schlussredaktion: Natascha Meyer
Bisher in der Reihe „7 Fragen an …“ erschienen:
Sebastian Busch (Landtagskandidat aus Lorch) – Christian Büning (Designer aus Oberwesel) – Sandra Bruns (Instagrammerin und Journalistin aus Emmelshausen) – Hasso Mansfeld (PR-Berater und Brücken-Aktivist aus Bingen) – Peter Theis (Gastronom und Shop-Betreiber in St. Goar) – Esther Pscheidt (Treibholzkünstlerin aus Lorch) – Wolfgang Blum (Wanderführer und Welterbe-Botschafter auf dem Rheinsteig) – Markus Fohr (Brauereibesitzer und Bier-Sommelier aus Lahnstein) – Christin Jordan und Lars Dalgaard (Journalisten und Winzer in Eltville und Oberdiebach) – Nadya König-Lehrmann (Welterbe-Managerin in St. Goarshausen) – Jörg Lanius (Winzer in Oberwesel) – Mario Link (Lebensmittel-Händler in Boppard) – Rolf Mayer (Kultur- und Event-Manager in Boppard) – Uwe Girnstein (Hotelier in Kamp-Bornhofen) – Stefan Herzog (Tourismus-Berater und früherer Marketingchef für die Region Rheinhessen) – Horst Maurer (Welterber-Gästeführer aus Oberdiebach) – Gerd Ripp (Gastronomie-Unternehmer auf Schloss Rheinfels und Maria Ruh) – Niko Neuser (Kommunalpolitiker aus Boppard) – Christof A. Niedermeier (Krimi-Autor aus Frankfurt und Schöpfer von „Jo Weidinger“) – Stefan, Andreas und Markus Wanning (Gin-Macher aus Münster-Sarmsheim) – Christoph Bröder (Burgenblogger auf Sooeneck) – Hubertus Jäckel (Architekt aus Oberwesel) – Bernd und Marion Stahl (Gastronomen in Boppard) – Markus Hecher (Burgherr auf Rheinstein) – Timo Ahrens (Strandbar-Gründer aus Oberwesel) – Philipp Loringhoven (Kommunalpolitiker aus Boppard) – Carolin Riffel (Winzerin aus Bingen) – Sarah Hulten – Ex-Weinkönigin, Winzerin und Riesling-Influencerin aus Leutesdorf – Walter Mallmann (Politiker aus St. Goar) – Franziskus Weinert (Einzelhändler und E-Commerce-Experte aus Oberwesel) – Klaus Becker (Präsident der TH Bingen) – Marek Gawel (Hotelier aus Boppard) – Andreas Roll (Initiator der Bopparder „Stolpersteine“, Kommunalpolitiker und Verkehrsplaner) – Rolf Wölfert (Tourismuschef in Rüdesheim) – Joachim Noll und Susanne Pander(Reeder in Boppard) – Tanja Werle (Bloggerin im Rheingau) – Anna Elisabeth Bach (Pensionsbesitzerin, Heilpraktikerin und Himalaya-Reisende aus Boppard) – René Klütsch (Koch und Gastronom in Boppard-Weiler) – Herbert Piel (Fotograf aus Holzfeld) – Andreas Stüber (Hotelier und Koch aus Bacharach) – Claudia Schwarz (Tourismus-Managerin und Welterbe-Repräsentantin aus St. Goar) – Sonja Spano (Restaurant-Einrichterin und Raumausstatterin in Boppard) – Marcel D’Avis (Banker und Designer aus Oberwesel) – Gero Schüler (Winzer und Student aus Steeg) – Marlon Bröhr(Landrat des Rhein-Hunrück-Kreises) – Matthias Pflugradt (Medienprofi, Bestatter und Loreley-Rebell aus St. Goarshausen) – Heinz-Uwe Fetz (Weinbau-Präsident, Winzer und Gin-Macher aus Dörscheid)
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…. ist der Blick darauf. Gegenüber in Maria Ruh startet am 1. Juni 2019 die neue „Classix“-Saison mit insgesamt 13 Open-Air-Events bis in den September hinein. Tickets können schon jetzt bestellt und natürlich auch unter den Weihnachtsbaum gelegt werden. Hier geht’s zur Programm-Übersicht und hier zum Ticket-Shop.
Termine des Tages
Sonntag in Bingen – Binger Weihnachtsmarkt – 16. Dezember – bingen.de
Sonntag in Bingen – Orgelkonzert in der Kapuzinerkirche – 16. Dezember, 11 Uhr 30. bingen.de
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**** Tipp der Woche ****
Sonntag im Bellevue Rheinhotel in Boppard – Traditioneller Adventsbruch mit Spezialitäten von der Gans im „Le Bristol“ / für Kinder bis 11 Jahren Plätzchenbacken in der Patisserie (Achtung: begrenztes Angebot; bei hoher Nachfrage werden die Kleinsten bevorzugt) – 16. Dezember, 11 Uhr 15 – 14 Uhr 30. bellevue-boppard.de
Sonntag auf der Festung Ehrenbreitstein – Festungsvarieté light – 9. Dezember, 11 Uhr 30. tor-zum-welterbe.de
Sonntag in Rüdesheim – Glühweinwanderung – 16. Dezember, 12 Uhr 30. ruedesheim.de
Sonntag in St. Goar-Biebernheim – Weihnachtsmarkt – 16. Dezember, 14 – 16 Uhr. VG St. Goar-Oberwesel
Sonntag auf Burg Rheinstein – „Märchenhafte Weihnachtsburg“ – 16. Dezember, ab 12 Uhr. VG Rhein-Nahe
Sonntag auf Burg Reichenstein – „Von mutigen Maiden und raffinierten Rittern“ / Rittergeschichten auf Burg Reichenstein – 16. Dezember, 13 Uhr. VG Rhein-Nahe
Sonntag in Bingen – Orgelmusik zum Advent (Johanniskirche) – 16. Dezember, 16 Uhr. bingen.de
Sonntag auf der Festung Ehrenbreitstein – Festungsvarieté / Dinnershow – 16. Dezember, 19 Uhr 30. tor-zum-welterbe.de
Foto des Tages
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16 Gedanken zu „„Die Brücke kommt nicht. Das kann man bedauern oder auch nicht““
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