Frank Zimmer

Kämpfer und Kümmerer: 7 Fragen an Walter Mallmann

Überall bekannt, bestens vernetzt und ständig aktiv: Walter Mallmann ist der Prototyp des rheinland-pfälzischen „Nah-bei-de-Leut“-Politikers. Der frühere CDU-Landtagsabgeordnete und Stadtbürgermeister von St. Goar engagiert sich mit 78 Jahren immer noch als Beigeordneter – oder wie seine politischen Gegner sagen würden: als Graue Eminenz und Strippenzieher. Momentan ist Mallmanns politische Karriere alles andere als eine Komfortzone. Kritiker werfen ihm und seinen Parteifreunden Fehler beim Millionenprojekt „Modellstadt St. Goar“ vor, vor allem beim so genannten „Rheinbalkon“. „Das lasse ich nicht auf mir sitzen“, sagte er mir am Telefon. „Das kämpfe ich noch durch.“ 7 Fragen an einen Patriarchen und Politiker alter Schule.

Walter Mallmann. Foto: Privat

Du warst Landtagsabgeordneter und Bürgerbeauftagter des Landes Rheinland-Pfalz in Mainz. Was hat dich bewogen, als ehrenamtlicher Bürgermeister nach St. Goar zu gehen?

Nachdem im Jahre 1999 die von meiner Partei zur Kandidatur befragte Kandidatin durch eine schwere Krankheit plötzlich und unerwartet nicht zur Verfügung stand und sie und meine Parteifreunde mich – obwohl St. Goarer Neubürger – um die Kandidatur baten, habe ich zugesagt. Ich habe es nicht bereut, denn nicht nur ich wurde gewählt und zweimal im Amt bestätigt, sondern meine politischen Freunde verfügen seitdem im Stadtrat über eine Mehrheit.

Während Deiner Amtszeit begann das Projekt „Modellstadt St. Goar“. Wie kam es dazu und was soll es bewirken?

Durch die Anerkennung des Oberen Mittelrheintals als Welterbe der UNESCO im Jahre 2002 erschlossen sich für die anliegenden Kommunen zahlreiche Fördermöglichkeiten – besonders im Rahmen der Stadtsanierung und der Denkmalpflege – von Bund und Land, wenn es dazu vor Ort die geeigneten Ideen gab. Diese Ideen hatten wir zuvor im Rahmen von Workshops unter dem Titel „Was würden wir tun, wenn unsere Stadt Geld hätte?“ entwickelt. Das führte in den folgenden Jahren zu einer Reihe von Pilotprojekten der genannten Fördergeber, die nur wenige Eigenmittel erforderten.

Als dann der Ausbau der B9 in der Ortsdurchfahrt von St. Goar bevorstand, kam das Land Rheinland-Pfalz mit dem Vorschlag auf uns zu, einen europaweit ausgeschriebenen Architektenwettbewerb für eine modellhafte Entwicklung einer mittelrheinischen Kleinstadt auszuschreiben und diesen auch hoch zu fördern. Ein Projekt, was es bis dahin nicht gab. Gesagt, getan! Seitdem sind Millionen von Fördergeldern in die Stadt geflossen. Nicht nur die Stadt, sondern viele Hausbesitzer haben davon profitiert.

Heute ist das Projekt umstritten. Auf Facebook werden vor allem 2 Dinge kritisiert: Zu viel Beton in der Stadt und zu hohe Kosten für den „Rheinbalkon“ Fangen wir mit dem Beton an. Kannst Du die Vorwürfe nachvollziehen?

Wir erfahren von außerhalb für unsere Maßnahmen eine sehr große Zustimmung. Aber es können nicht alle unzufrieden sein, sonst hätten meine politischen Freunde und auch ich bei den Wahlen, die in der Zeit höchster Belästigungen durch unvermeidliche Bauarbeiten erfolgten, eine nicht so außerordentlich hohe Zustimmung erhalten. Bei einer öffentlichen Bestandsaufnahme in Boppard über die am Mittelrhein sichtbaren Erfolge nach der Welterbeanerkennung wurde St. Goar als positives Musterbeispiel genannt.

Wenn in einer Denkmalzone der von der Denkmalpflege geforderte Platzbelag mit hochwertigen Natursteinen fälschlicherweise mit Beton verwechselt wird, dann kann es zu Missverständnissen kommen.

Kommen wir zum Rheinbalkon. Wie kam die Kostenexplosion zustande?

Den Ärger über die lange Bauzeit und die Kostenexplosion beim Rheinbalkonteile ich. Wir gehen zurzeit in die abschließende Bauphase der Maßnahme und hoffen, dass nicht erneute Widrigkeiten auftreten. Eine sorgfältige und transparente Analyse, warum es zu den Ärgernissen kam, wird aber notwendig sein.

 

Die Parteien in St. Goar wirken ziemlich zerstritten. Warum ist das Verhältnis zwischen SPD und CDU in St. Goar schlechter als anderswo am Mittelrhein?

Die Meinung, dass die Parteien in St. Goar mehr als anderswo zerstritten sind, teile ich nicht. Allerdings werden Unterschiede in der Sache – überwiegend durch ein einzelnes Ratsmitglied – in einer Art und Weise ausgetragen, die ich bisher in meiner politischen Tätigkeit nicht kannte. Das bringt in der Presse und in den Sozialen Medien negative Aufmerksamkeit für unsere Stadt.

2019 sind Kommunalwahlen. Glaubst du, dass die AfD vom Streit in St. Goar profitieren könnte?

Die St. Goarer Wählerinnen und Wähler haben bei Kommunalwahlen stets personenbezogen gewählt. Ich gehe davon aus, dass das auch im kommenden Jahr so sein wird.

Politik ist nicht alles. Was macht Walter Mallmann, wenn er nicht an Politik denkt? Was ist Dein ganz persönlicher Mittelrhein-Tipp?

Zurzeit bin ich noch Vorsitzender des „Kinderchors Rheinfelsspatzen St. Goar“ und im gleichen Amt bei den „Wanderfreunden Rheinfels St. Goar.“ Ich leite den regelmäßig tagenden Seniorenkreis „St. Goarer Geschichte(n)“ und bin mit großer Freude Ehrenpräsident des Weinkonvents zum Hl. Goar. Nach einer zuvor familienbedingten Auszeit werde ich die Chronik unseres Stadtteils St. Goar-Fellen fertigstellen. Danach – wenn es Alter und Gesundheit zulassen – steht ein Buch über die St. Goarer Krankenhausgeschichte an.

Ich würde das, was wir am Mittelrhein an landschaftlicher Schönheit und kulturellem Reichtum haben, zuerst erhalten, pflegen und erst dann sorgfältig erweitern. Die Bundesgartenschau, wann immer sie kommt, bietet dazu eine große Chance.

Schlussredaktion: Natascha Meyer

Bisher in der Reihe „7 Fragen an ….“ erschienen:

Sebastian Busch (Landtagskandidat aus Lorch) – Christian Büning (Designer aus Oberwesel) – Sandra Bruns (Instagrammerin und Journalistin aus Emmelshausen) – Hasso Mansfeld (PR-Berater und Brücken-Aktivist aus Bingen) – Peter Theis (Gastronom und Shop-Betreiber in St. Goar) – Esther Pscheidt (Treibholzkünstlerin aus Lorch) – Wolfgang Blum (Wanderführer und Welterbe-Botschafter auf dem Rheinsteig) – Markus Fohr (Brauereibesitzer und Bier-Sommelier aus Lahnstein) – Christin Jordan und Lars Dalgaard (Journalisten und Winzer in Eltville und Oberdiebach) – Nadya König-Lehrmann (Welterbe-Managerin in St. Goarshausen) – Jörg Lanius (Winzer in Oberwesel) – Mario Link (Lebensmittel-Händler in Boppard) – Rolf Mayer (Kultur- und Event-Manager in Boppard) – Uwe Girnstein (Hotelier in Kamp-Bornhofen)  – Stefan Herzog (Tourismus-Berater und früherer Marketingchef für die Region Rheinhessen) – Horst Maurer (Welterber-Gästeführer aus Oberdiebach) – Gerd Ripp (Gastronomie-Unternehmer auf Schloss Rheinfels und Maria Ruh) – Niko Neuser (Kommunalpolitiker aus Boppard) – Christof A. Niedermeier (Krimi-Autor aus Frankfurt und Schöpfer von „Jo Weidinger“) – Stefan, Andreas und Markus Wanning (Gin-Macher aus Münster-Sarmsheim) – Christoph Bröder (Burgenblogger auf Sooeneck) – Hubertus Jäckel (Architekt aus Oberwesel) – Bernd und Marion Stahl (Gastronomen in Boppard) – Markus Hecher (Burgherr auf Rheinstein) – Timo Ahrens (Strandbar-Gründer aus Oberwesel) – Philipp Loringhoven (Kommunalpolitiker aus Boppard) – Carolin Riffel (Winzerin aus Bingen) – Sarah HultenEx-Weinkönigin, Winzerin und Riesling-Influencerin aus Leutesdorf 

Termine des Tages

Kaub – Kauber Platte Championat – 5. August, ab 9 Uhr. kauber-platte-championat.de

Lahnstein – Schützenfest – 5. August, ab 10 Uhr. lahnstein.de

St. Goar – Burg- und Hansenfest – 5. August, ab 11 Uhr. st-goar.de

Boppard  – Jakobsberg Erlebnistag / Tag der offenen Tür – 5. August, ab 11 Uhr. boppard.de

Trechtingshausen – Trexhaiser Kerb – 5. August, ab 11 Uhr. trechtingshausen.de

Niederheimbach / Burg Sooneck – „Des Kaysrers Bombardier“ / Soldat und Waffenhandwerk im 30-jähigen Krieg – „eine authentische Vorführung“ – 5. August, 15 Uhr.  tor-zum-welterbe.de

Lorch – Sommerfest im Weingut Graf von Kanitz – 5. August, ab 15 Uhr. lorch.de

Foto des Tages

Natascha Meyer schoss am Samstag das Foto vom „Protestplanschen“ in Boppard.

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