Frank Zimmer

„Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht“ – 7 Fragen an den letzten Metzger von St. Goar

Gute Winzer und Gastronomen werden am Mittelrhein immer ihren Weg gehen. Für die meisten Einzelhändler und kleinen Handwerker ist der Wettbewerb härter. Sie werden von Jahr zu Jahr weniger, und mit ihnen verschwindet viel Lebensqualität in den Städten und Dörfern entlang des Rheins. Einer, der gekämpft und aufgeben hat, ist Markus Kramb. Ende September 2018 schlossen er und seine Frau Heike die Metzgerei Engelbert in St. Goar. Aus Gründen. Kramb ist in der Branche geblieben, arbeitet heute aber fest angestellt in einem Supermarkt Simmern.  7 Fragen an den letzten Metzger in der Stadt.

Markus und Heike Kramb waren preisgekrönte Metzger. Hier mit RLP-Innenminister Roger Lewentz (r.) . Foto: Privat.

Markus, eure Metzgerei hatte in St. Goar eine lange Tradition. Im 
September 2018 war Schluss. Wie hat sich das angefühlt – eher traurig oder eher erleichternd?

Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht und lange hin und
her überlegt. So wussten wir bis Anfang Juli noch nicht, dass wir
unseren Betrieb zum 1. Oktober schließen. Als im Juli das Angebot kam,
eine neue Herausforderung anzunehmen, sahen wir klarer. Durch das neue
Arbeitsverhältnis ist uns natürlich auch die Existenzangst genommen
worden, darum hat sich die Geschäftsaufgabe leicht angefühlt.

Engelbert hatte einen guten Ruf und 2 Filialen in Boppard und Oberwesel. Wann hast du gemerkt, dass es nicht mehr weiterging?

Alle 3 Geschäfte haben sich gegenseitig aufgefangen und so lange
funktioniert, bis den Filialen der Boden unter den Füßen weggezogen
wurde. In Oberwesel ging unser damaliger Partner, der Stadtmarkt, in die
Insolvenz, und in Boppard wurde das Haus verkauft, in dem wir das
Ladenlokal gemietet hatten. Sonst wären wir noch auf dem Markt, glaube
ich. Aber mit nur noch einem Geschäft in St. Goar haben wir auf
Dauer keine Perspektive mehr gesehen. Dann starb unsere Tochter mit 19
Jahren. Da stellt man sich erst recht die Sinnfrage.

Wie haben die Kunden reagiert?

Unsere Kundschaft aus Boppard kam bis zur Schließung noch nach St. Goar
einkaufen. Natürlich waren die Kunden traurig, aber sie haben auch viel
Verständnis für unsere Entscheidung gezeigt. Meine Frau
und ich sind noch in dem Alter, wo man sich verändern kann, 49 und 50.

Ohne Einzelhändler und Handwerker sind die Rheinorte nur noch
Touristenkulisse. Glaubst du, dass die Kommunen mehr für den Mittelstand tun könnten?

Ich denke schon, dass die Kommunen das eine oder andere verändern
können. Dazu müssten sie mit dem Handwerk und Mittelstand
zusammenarbeiten, den Gewerbevereinen und Geschäftsleuten zuhören, mit
ihnen nach Lösungen suchen, Ideen aufgreifen und versuchen, die auch
gemeinsam umzusetzen. Das alles ist natürlich von Ort zu Ort verschieden.

Speziell in St. Goar wurde viel investiert, um die Stadt attraktiver zu
machen. Ist das Projekt „Modellstadt“ gelungen?

Das ist schwierig zu beurteilen, denn das Projekt Modellstadt ist ja
noch nicht beendet. Mit Sicherheit waren die einen oder anderen
Veränderungen nötig und machen sich irgendwann positiv bemerkbar. Im
Moment sind aber viele Bürger und auch Touristen genervt, weil man kein
Ende sieht.

Euer Haus in St. Goar steht zum Verkauf. Bleibt ihr trotzdem in der Stadt?

Das ist eine gute Frage für uns. Es ist ganz klar, dass wir hier in
St. Goar oder im Umkreis von 15 Kilometern am Rhein weiterhin wohnen
wollen, denn wir sind zuhause, wo andere Urlaub machen.

Es gibt nicht mehr viele Metzgereien im Mittelrheintal. Welche kannst du besonders empfehlen?

Ich würde mich in Bingen, Rheinböllen, Emmelshausen und Spay
orientieren, denn hier gibt es gute handwerkliche Innungsbetriebe die
man nur weiterempfehlen kann.

Schlussredaktion: Natascha Mayer

Zuletzt in der Reihe „7 Fragen an …“ erschienen

Robert Wurm (Ex-Manager und Winzer in Lorch) – Marcus Schwarze (Journalist, Digitalberater und Buga-Blogger) – Tristan Storek (Düsseldorfer Jungwinzer und Techniktalent in Steeg) – Andreas Nick (Lehrer, Kommunalpolitiker und Hostel-Besitzer in Bad Salzig) – Jean-Michel Malgouyres (französischer Küchenchef in Rüdesheim) – Natascha Meyer (Kanzlei-Managerin, Lektorin und Boppard-Botschafterin) – Heiner Monheim (Verkehrsforscher und Bahnlärm-Bekämpfer) – Carolin Weiler (Winzerin und „FAZ“-Liebling aus Lorch) – Petra Bückner (Tourismuschefin in Lahnstein) – Michael Stein(Kommunalpolitiker aus Bingen) – Falko Hönisch (Opernsänger und Bürgermeisterkandidat in St. Goar) – Kathrin Büschenfeld (Apothekerin in Lorch) – Dieter Stein (IT-Manager und Konzertveranstalter aus St. Goar) – Peter Henrich (Archäologe in Koblenz) – Martin Bredenbeck (Geschäftsführer des Rheinischen Vereins) – Markus Patschke (Energieberater in Bacharach) – Ulrich Lautenschläger (Konzertveranstalter auf der Loreley) – Ivo Reßler(Bürgermeister-Kandidat in Lorch) – Jean-Marc Petit (Hausbesitzer und Denkmalpfleger in Bacharach) – Anne Kauer (Winzerin in Bacharach) – Gerd Benner (Manager und Hobby-Köhler aus Boppard)

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Kommenden Samstag gibt es auf Maria Ruh Jazz der Extraklasse: HD Sauerborn von der Big Band des Hessischen Rundfunks gastiert mit dem Trio Klangcraft auf der kleinen Freilichtbühne gegenüber der Loreley. Das Open-Air-Erlebnis lässt sich wie immer mit einem Abendessen in Gerd Ripps Waldchalet verbinden. Die Konzertreihe „Maria Ruh Classix“ läuft noch bis September. maria-ruh.de, momente.shop (Tickts). Hier eine YouTube-Kostprobe:

Termine des Tages

Boppard – Bopparder Köhlertage – 9. Juni, ab 10 Uhr. boppard.de

Oberwesel – Gregorianischer Choral, pfingstliche Chor- und Orgelmusik – 9. Juni, 10 Uhr 30. oberwesel.de

St. Goarshausen – Hoffest in der Loreley-Kellerei – 9. Juni, 11 Uhr. loreley-touristik.de

Oberheimbach – Reblauswandertag – 9. Juni, 11 Uhr. bingen.de

Lahnstein – „Brückenschlag“ / Geburtstagsparty auf der Lahnbrücke – 9. Juni, 11 Uhr. lahnstein.de

Bacharach-Medenscheid – Führung durch die Welterbegärten von Stefanie Langer und Beate Lieber – 9. Juni, 15 Uhr. VG Rhein-Nahe

Foto des Tages

 

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