Frank Zimmer

„Ich tue das, was mich glücklich macht“ – 7 Fragen an Robert Wurm

Wo andere aufhören, fängt Robert Wurm an. Der frühere Continental-Manager erfüllte sich 2014 einen Traum und kaufte ein Weingut in Lorch. Seitdem beackert er seine eigenen Steillagen statt in Meetings oder auf Flughäfen zu sitzen. Nebenher pflegt er eine besondere Beziehung nach Fernost. Mit seiner ungewöhnlichen Geschichte schaffte Wurm es in die Online-Ausgabe des „Stern“. Ende 2018 machte er auch im Einzelhandel von sich reden – er kam mit dem Discounter Norma ins Geschäft. 7 Fragen an einen Winzer und Weltbürger.

Vom Manager zum Welterbe-Winzer: Robert Wurm. Foto: Weingut Wurm.
Vom Manager zum Welterbe-Winzer: Robert Wurm.

Du warst Manager in der Automobilindustrie und bist jetzt Winzer in Lorch. Siehst du dich eher als Aussteiger oder als Investor, der selbst anpackt?

Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch nie Gedanken gemacht. Ich glaube, als keins von beiden. Ich erfülle mir meinen Lebenstraum, ich tue das, was mich glücklich macht. Dafür stehe ich jeden Morgen auf, und mit den Früchten meiner Arbeit verdiene ich meinen Lebensunterhalt. Und auch wenn es bisweilen anstrengend ist, sehe ich es nicht primär als Arbeit, sondern als Lebensinhalt.

Warum gerade Lorch? 

Ausschlaggebend war zunächst, dass ich hier Weine erzeugen kann, wie ich sie mir vorstelle: straff, mineralisch, elegant, eher lang als breit. Dafür sind natürlich das Terrain und das Mikroklima extrem wichtig. Diese Kombination aus unseren wasserdurchlässigen Schieferböden, der perfekten Ausrichtung zur Sonne und den vielen Sonnenstunden finde ich hier schon ziemlich einzigartig. Nach 5 Jahren kann ich rückblickend noch sagen: Die Menschen hier sind einfach liebenswert. Wir wurden von Anfang an super aufgenommen und wie selbstverständlich integriert. Gerade unter den Winzern hier gibt es ein sehr kollegiales Miteinander, das schätze ich sehr. Neulich hat mir meine Tochter gesagt, dass sie hier nie wieder weg will.

Wie viel hat dich das Projekt bisher gekostet, und lohnt es sich?

Nun, die Portokasse allein hat nicht ganz gereicht 🙂 Um auf die Frage zu antworten, ob es sich lohnt: Ich tue das, was ich tun möchte, das macht mich glücklich. Also ja, es lohnt sich auf jeden Fall. Wenn man allerdings schnell reich werden möchte, gibt es sicher Berufe, die besser geeignet sind.

Winzer brauchen Wissen. Wie hast du es dir angeeignet?

Ich habe natürlich viele Gespräche geführt und mich sehr intensiv vorbereitet. Aber das wichtigste war und ist: Ich lerne täglich von meinem Umfeld, von Mitarbeitern und Kollegen dazu, aber natürlich auch durch learning by doing.  Jedes Jahr ist anders. Keines meiner vergangenen 5 Jahre glich dem anderen. Das lehrt eine Menge Demut und Respekt. Tugenden, die auch bei meiner zweiten Leidenschaft, dem Kendo, sehr wichtig sind.

Was können Winzer von dir lernen? 

Puh, das weiß ich nicht, das müsstest du die Winzer fragen. Ich glaube, dass ich hier und da einen anderen Blickwinkel, eine andere Perspektive einbringen kann.

Neben dem Weinbau gehört Korea deine Leidenschaft. Was hat es damit auf sich?

Ich trainiere seit über 30 Jahren Kendo, das ist die moderne Variante der traditionellen Schwertkampfkunst und wird vor allem in Korea und Japan betrieben. Mein Lehrer – einer der besten Kendokas in Korea – unterrichtet mich seit 30 Jahren, und ich besuche ihn regelmäßig in Korea, um von ihm zu lernen. Als Student hatte ich die Gelegenheit, ein ganzes Jahr lang bei ihm in Seoul zu wohnen, zu trainieren und auch koreanisch zu studieren. Seitdem ist Korea für mich zur zweiten Heimat geworden. Wenn ich am Flughafen in Seoul ankomme, fühle, spreche und lebe ich koreanisch. Und zum Glück gibt es ja auch im Mittelrheintal enge Verbindungen nach Korea.

Robert Wurm, Winzer aus Lorch.

Wenn du Gästen aus Korea deine neue Heimat zeigst: Wohin führst du sie?

Mein Lieblingsplatz in den Weinbergen ist oben auf dem Rheinsteig an der Georgs Ruh. Von da hat man einen der schönsten Blicke, die ich in der Welt kenne. Man nimmt dort alles auf, was unsere Heimat prägt: den Fluss, die Steillagen-Weinberge und hoch oben den Wald. Aber natürlich ist für Koreaner auch gutes Essen und Trinken sehr wichtig. Und da sind sie bei uns ja genau richtig.

Schlussredaktion: Natascha Meyer

Fotos: Weingut Robert Wurm

https://mittelrheingold.de/welterbe-weine-bei-norma-und-ein-neustart-fuer-die-loreley-touristik/

Zuletzt in der Reihe „7 Fragen an …“ erschienen

Claudia Schwarz (Tourismus-Managerin und Welterbe-Repräsentantin aus St. Goar) – Sonja Spano (Restaurant-Einrichterin und Raumausstatterin in Boppard) – Marcel D’Avis (Banker und Designer aus Oberwesel) – Gero Schüler (Winzer und Student aus Steeg) – Marlon Bröhr (Landrat des Rhein-Hunrück-Kreises) – Matthias Pflugradt (Medienprofi, Bestatter und Loreley-Rebell aus St. Goarshausen) – Heinz-Uwe Fetz (Weinbau-Präsident, Winzer und Gin-Macher aus Dörscheid) – Michael Maul (Sprecher der Fährbetriebe am Mittelrhein) Martin Nickenig (Bäckermeister in Boppard) – Walter Bersch (Bürgermeister von Boppard)

Termine des Tages

Oberwesel – Neujahrskonzert mit den „KOmilites“ im Kulturhaus – 6. Januar, 11 Uhr. kulturhaus-oberwesel.de

Bingen – Öffentliche Führung: Das Binger Ärztebesteck im Museum am Strom – 6. Januar, 11 Uhr 15. bingen.de

Boppard – „25 km/h“ / Kino in der Stadthalle – 6. Januar, 20 Uhr. boppard.de

Foto des Tages

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