Frank Zimmer

Lahnstein als Erfolgsmodell: 7 Fragen an Petra Bückner

Rüdesheim, Boppard oder Bacharach hat jeder auf dem Zettel, wenn es um die klassische Rheinreise geht. Aber die wahre touristische Boomtown ist Lahnstein. 2018 schaffte Tourismus-Chefin Petra Bückner ein Plus von 20 (!) Prozent. Was läuft dort anders? 7 Fragen an die Frau hinter dem Lahnstein-Wunder.

Ich muss am Anfang ein Geständnis machen. Ich habe Lahnstein schon 1000 Mal gesehen, meistens von der B 9 aus. Aber ich war noch nie da. Was habe ich verpasst?

Da muss ich ein wenig ausholen.

Wir sind zunächst eine Stadt gelegen an zwei Welterbestätten (Oberes Mittelrheintal und Limes), an zwei Flüssen (Rhein und Lahn), an zwei Fernradwegen (Rheinradweg und Lahnradweg) sowie zwei Fernwanderwegen (Rheinsteig und Lahnwanderweg) mit der wildromantischen Ruppertsklamm als Highlight auf dem Rheinsteig.

Auch sind wir eher die Bierstadt in einer Weinregion. Wir verfügen über zwei Brauereien. Einmal Maximilians Brauwiesen, ein umgebautes Schamottschlösschen (die ehemalige Didiervilla), einer der schönsten Biergärten am Rhein, sowie die Lahnsteiner Brauerei, die inzwischen ca. 50 verschiedene Biersorten anbietet, u. a. Kirschbier. Der Eigentümer, Dr. Markus Fohr, wurde im letzten Jahr Deutscher Meister bei den Biersommeliers. Und um bei der Kulinarik zu bleiben: Im Jahre 2015 wurde die Bäckerei Kugel als Deutschlands bester Bäcker ausgezeichnet.

Selbstverständlich verfügen wir auch über einen Winzer, Frank Lambertin, der den letzten Weinberg in Lahnstein bewirtschaftet.

Außerdem haben wir hier in Lahnstein auch noch die traditionsreiche Victoria Heil- und Mineralbrunnen GmbH, die neben Mineralwasser auch zahlreiche Limonaden herstellt.

Übrigens befindet sich in Lahnstein das einzig wahre „Wirtshaus an der Lahn“. Es wurde im Jahre 1697 erbaut und ist besonders für die Wirtinnenwitze bekannt. Es gibt wohl ca. 1000 nicht immer jugendfreie Witze. Nicht zu vergessen, dass 1774 Goethe mit Lavater und Basedow auf einer Schiffsreise von Ems nach Neuwied unterwegs war und im Wirtshaus zum Mittagessen eingekehrt ist. Auf der Speisekarte findet sich daher sein Leibgericht „Tafelspitz mit grüner Sauce“, und beim Anblick der Burg Lahneck hat Goethe das Gedicht „Geistes-Gruß“ erdacht.

Das Thema Gesundheit wird sehr großgeschrieben. Seit 40 Jahren gibt es im Stadtteil Lahnstein a. d. Höhe das Dr.-Max-Otto-Bruker-Haus nebst -Garten, Zentrum für Gesundheit und ganzheitliche Lebensweise. Zweimal im Jahr finden in Lahnstein in der Stadthalle die Gesundheitstage statt, eine dreitägige Tagung mit ca. 900 Besuchern. Diese Veranstaltungen haben nicht nur einen sehr großen Stellenwert in der Stadt, sondern sorgen auch für ausgebuchte Hotels und Ferienwohnungen in der näheren Region.

Ergänzend dazu kommt die Vielfalt an Angeboten, die das Dr.-Max-Otto-Bruker-Haus als Zentrum für ganzheitliche Lebensweise zu den Themen Ernährungs- und Lebensberatung vorhält. Psychotherapie, Seminare, Tagungen und Vorträge werden angeboten, angefangen vom Ernährungsberater bis hin zur Ausbildung zum Kneippberater, nicht zu vergessen die Gesundheitswochen u.v.m.

Außerdem gibt es konkrete Planungen, einen sogenannten Heilwald in Lahnstein auszuweisen. Bundesweit wäre dies erst der zweite (Heringsdorf auf Usedom/MVP) und in Rheinland-Pfalz in jedem Fall einzigartig.

Weiterhin findet in Lahnstein das legendäre Blues-Festival statt. Es gehört zu den ältesten und laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auch zu den wichtigsten in Deutschland. Seit 1982 treten in der Stadthalle Lahnstein regionale, überregionale und internationale Größen der Blues-Szene auf – und es geht auch mal über die Grenzen des traditionellen Blues hinaus. Die Fans kommen aus ganz Deutschland und aus Nachbarstaaten wie der Schweiz, Luxemburg, Belgien, Frankreich und den Niederlanden.

Ich könnte noch einiges mehr aufzählen.

Lahnstein hat neben mittelalterlichen Bauwerken auch viel moderne und industrielle Architektur. Ist das für die Tourismus-Vermarktung ein Problem oder eher Vorteil an Vielfalt?

Ich betrachte die Verknüpfung eher als Vorteil wie z. B. unsere Stadthalle. Sie liegt unmittelbar am historischen Salhofplatz. Dieser ist umgeben von der 600 Jahre alten Stadtmauer mit dem monumentalen Hexenturm. Die Halle wurde aufgrund ihrer eigenwilligen Farbgebung und Architektur in die Liste der Kulturdenkmäler aufgenommen. Wer die Halle einmal besucht, wird diese Farbgebung auch nicht mehr vergessen.

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

#sunday #sundaymood #sunisout #architecture #building #lahnstein #colorful #colors

Ein Beitrag geteilt von Ellen Ripley (@arausiorubens) am

Was die historischen Gebäude anbelangt, so ist in den vergangenen Jahren das ein oder andere Projekt in Privatbesitz übergegangen und nach Modernisierung und Umnutzung überwiegend der touristischen Nutzung zugeführt worden, was uns natürlich zu Gute kommt.

Die Lahnsteiner Tourismus-Zahlen sind jedenfalls gut. 2018 war ein hervorragendes Jahr für euch. Wie kam’s?

Das abschließende Ergebnis liegt nun vor, und wir haben beinahe die Zahlen der Buga 2011 erreicht.

Ich denke, das Wichtigste ist der Spaß und die Freude an der Arbeit. Ideen zu entwickeln, Chancen zu nutzen und sich individueller präsentieren zu können. Sich bei verschiedenen Projekten mit einzubringen, wie z. B. bei der Veranstaltung „Rheinleuchten“. In diesem Jahr werden wir Burg Lahneck und das Kloster Allerheiligenberg illuminieren. Oder beim WiBoLT – dem längsten Nonstoplauf Deutschlands – eine Verpflegungsstation in der wildromantischen Ruppertsklamm einrichten, die dann auch 36 Stunden besetzt sein wird.

Wir sind auch mit unseren Betrieben gut und vielseitig aufgestellt. Die Zusammenarbeit ist sehr harmonisch und teilweise freundschaftlich, dazu kommt die entsprechende Wertschätzung, denn ohne unsere Betriebe und entsprechenden Akteure wäre unsere Arbeit nicht möglich.

Ergänzend dazu kommt die Zusammenarbeit und Unterstützung innerhalb der touristischen Kooperationen.

Auf dem Gelände des früheren Güterbahnhofs entsteht gerade ein komplett neuer Stadtteil, das „Rheinquartier“. Wird es wieder cool, am Mittelrhein zu wohnen?

Ich persönlich habe es bislang gar nicht anders empfunden, wir wohnen dort, wo andere Urlaub machen. Als gebürtige Moselanerin wohne und lebe ich bereits seit über 30 Jahren am Rhein. Wir haben in Lahnstein auch eine optimale Ausgangssituation und zwar in alle Himmelsrichtungen.

Eine Studie hat ergeben, dass dem Mittelrheintal moderne Hotels fehlen. Gilt das auch für Lahnstein?

 Was die Bettenkapazität anbelangt, so sind wir im Moment ganz gut aufgestellt. Wir haben natürlich auch hier die Problematik der Unternehmensnachfolge. Umso größer ist die Freude, dass in Kürze die Eröffnung eines Boutique-Hotels im ehemaligen Rathaus in Niederlahnstein mit 25 Zimmern in gehobener Ausstattung erfolgen wird.

Was erhoffst du dir von der Buga?

Neben meinem persönlichen Wunsch, dass wir hier in Lahnstein das ein oder andere bauliche Highlight in diese Richtung umsetzen, erhoffe ich mir eine Stärkung der Wahrnehmung für die Einzigartigkeit der Region, nicht zu vergessen die phantastische Atmosphäre und das Miteinander wie bei der BUGA 2011.

Verrätst du uns deinen Geheimtipp im Welterbetal? Abgesehen von Lahnstein natürlich……

Ich persönlich bin sehr gerne unmittelbar am Fluss und genieße die Landschaft, von daher gehört eine Rheinschifffahrt quasi zum Pflichtprogramm.

Schlussredaktion: Natascha Meyer

Zuletzt in der Reihe „7 Fragen an …“ erschienen

Claudia Schwarz (Tourismus-Managerin und Welterbe-Repräsentantin aus St. Goar) – Sonja Spano (Restaurant-Einrichterin und Raumausstatterin in Boppard) – Marcel D’Avis (Banker und Designer aus Oberwesel) – Gero Schüler (Winzer und Student aus Steeg) – Marlon Bröhr (Landrat des Rhein-Hunrück-Kreises) – Matthias Pflugradt (Medienprofi, Bestatter und Loreley-Rebell aus St. Goarshausen) – Heinz-Uwe Fetz (Weinbau-Präsident, Winzer und Gin-Macher aus Dörscheid) – Michael Maul (Sprecher der Fährbetriebe am Mittelrhein) – Martin Nickenig (Bäckermeister in Boppard) – Walter Bersch (Bürgermeister von Boppard) – Robert Wurm (Ex-Manager und Winzer in Lorch) – Marcus Schwarze (Journalist, Digitalberater und Buga-Blogger) – Tristan Storek (Düsseldorfer Jungwinzer und Techniktalent in Steeg) – Andreas Nick (Lehrer, Kommunalpolitiker und Hostel-Besitzer in Bad Salzig) – Jean-Michel Malgouyres (französischer Küchenchef in Rüdesheim) – Natascha Meyer (Kanzlei-Managerin, Lektorin und Boppard-Botschafterin) – Heiner Monheim (Verkehrsforscher und Bahnlärm-Bekämpfer) – Carolin Weiler (Winzerin und „FAZ“-Liebling aus Lorch)

Termine des Tages

Lorch – „Freistaat Flaschenhals statt Fastnacht“ / Wanderung mit Welterbe-Gästeführer Wolfgang Blum – 3. März, 10 Uhr 30. stadt-lorch-rheingau.de

Bingen – „Die Römer in Bingen“ / Öffentliche Führung im Museum am Strom – 3. März, 11 Uhr 15. bingen.de

St. Goar – Karnevalsumzug – 3. März, 14 Uhr 11. karnevals-gesellschaft-rot-weiss-st-goar.de

Oberheimbach – Rosenmontagszug – 4. März, 14  Uhr 11. oberheimbach.de

Boppard – Bopparder Abendumzug – 3. März, 18 Uhr 11. boppard.de

Foto des Tages

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Der Bopparder Hamm ist zu jeder Jahreszeit Entspannung pur….

Ein Beitrag geteilt von Micha (@micha_blm) am

Sonntags kommt Mittelrheingold mit der Post

Der wöchentliche E-Mail Newsletter „Mittelrheingold Auslese“ sammelt die besten Artikel, Videos und Termine. Hier geht’s zum kostenlosen Sonntags-Abo.

 

20 Gedanken zu „Lahnstein als Erfolgsmodell: 7 Fragen an Petra Bückner“

Kommentare sind geschlossen.