Martin Bredenbeck vertritt eine der einflussreichsten Instanzen am Mittelrhein. Als Geschäftsführer des „Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz“ ist er auch für 2 besondere Welterbe-Immobilien zuständig, die Burg Stahleck über Bacharach und die Ruine Stahlberg bei Steeg; dazu kommt noch die Virneburg bei Mayen. Der promovierte Kunsthistoriker kümmert sich aber nicht nur um Vergangenes, sondern plant für die Zukunft. 7 Fragen an einen Denkmalschützer mit Mittelrhein-Vision.
Martin, was genau macht der Rheinische Verein?
Der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz trägt seine beiden Hauptthemen ja im Namen: Wir haben gebautes Kulturerbe und Kulturlandschaft im Blick. Der Verein hat viele Einzelmitglieder, weit über 3.000, von denen viele selbst vor Ort aktiv sind, als Vermittler von Wissen, mit Exkursionen und Vorträgen, aber auch mit ihrer Expertise in Denkmal- und Landschaftsbeiräten, in Gutachten und in unseren Publikationen. Die tollen Hefte der „Rheinischen Kunststätten“ kennen bestimmt viele im Tal.
Der Verein gibt allen diesen Formen von bürgerschaftlichem Engagement eine Stimme, Rückhalt, Vernetzung und Unterstützung. Wir wollen in beide Richtungen transportieren, darum arbeiten wir auch eng mit den öffentlichen Stellen zusammen; da loben wir und wirken als Multiplikatoren, wo es gut läuft, und wir üben natürlich auch Kritik, wenn wir begründete Bedenken haben. Der Name unseres Vereins bei Gründung 1906 war übrigens „Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz“. Dieser Begriff „Heimat“ ist ein Schlüssel zum Verständnis unserer Aktivitäten: eine lebens- und liebenswerte Kulturlandschaft für die Einheimischen und die Gäste erhalten und gestalten.
Im Welterbe-Tal ist der Rheinische Verein auch Burgenbesitzer. Euch gehören die Burg Stahleck und die Ruine Stahlberg. Wie kam es dazu?
Beide Burgen hat der Verein Anfang des 20. Jahrhunderts gekauft, die Stahleck 1909, die Stahlberg 1912. Wie hoch der Kaufpreis heute umgerechnet wäre, kann ich gar nicht genau sagen, aber sie waren vergleichsweise günstig zu haben. Und das war noch nicht alles: 1914 kam noch die Ruine Virneburg in der Nähe von Mayen dazu. Das war ein ganz praktischer Akt von Denkmalschutz: Kaufen und erhalten. Es ist heute kaum vorstellbar, aber so richtig haben wollte die Ruinen damals keiner, und da ist der Verein zur Tat geschritten.
Bei der Stahleck gab es dann die besondere Pointe, dass der Verein sie in ihrer heutigen Form überhaupt erst hat errichten lassen. Die Burg ist eine teilweise Neuschöpfung der 1920er und 1930er Jahre. Ich find‘s spannend, dass im selben Jahr, in dem das Bauhaus von Weimar nach Dessau übersiedelt und die Pläne für das ikonische Bauhausgebäude gemacht werden, unser Verein ganz traditionell als Burgenbauer aufgetreten ist.
Sind die Burgen eine Last oder eine Lust? Wie aufwendig ist die Unterhaltung?
Eine Last sind sie in gewisser Weise schon, jeder Immobilienbesitzer kann davon ein Lied singen. In den letzten Jahrzehnten hat der Verein viel Geld in die Ruine Stahlberg und die Ruine Virneburg gesteckt. Bei der Stahlberg wurde zuletzt 2017 die Holzbrücke erneuert, bei der Virneburg müssen wir demnächst den Rundturm angehen. Zum Glück gab es für viele Maßnahmen großzügige Fördermittel, beispielsweise von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Für die Stahlberg haben wir jetzt beim Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes Mittel beantragt und werden dabei von der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz unterstützt. Ohne ein wachsames Auge vor Ort klappt es natürlich nicht: In Bacharach-Steeg, bei der Stahlberg, haben wir einen Kreis von engagierten Bürgern, die die Burg für uns im Blick behalten. Für die Burg Stahleck hat sich seit vielen Jahren eine andere Lösung gefunden: Das Deutsche Jugendherbergswerk hat die Burg von uns gepachtet und kümmert sich um alles. Das ist eine grandiose Unterstützung, und die Nutzung sorgt für viel Leben am Ort.
Wie steht ihr zum Burggärten-Projekt, das bis zur Buga 2029 möglichst viele Burgen touristisch erschließen und vernetzen soll?
Das Burggärten-Projekt ist eine Super-Idee, und es verspricht, ein ganz wichtiger Baustein in der Kulturlandschaft Oberes Mittelrheintal zu werden, die bei der Buga ins Rampenlicht gestellt wird. Wenn man überlegt, was die Landschaft prägt, dann sind es eben ganz besonders die Weinberge, die Ortslagen mit ihren Kirchtürmen und die Kette von Burgen. Gärten sind ein überaus sympathisches Thema, irgendwie schwingt da immer noch der alte Paradies-Gedanke mit, wenn wir uns in Gärten wohlfühlen. Rund um die Mittelrheinburgen kann da etwas wach geküsst werden und zur Aufenthaltsqualität und Schönheit dieser Orte beitragen. Für unsere beiden Burgen wird es sorgfältige Überlegungen brauchen, um die Facette von Gartenkunst zu finden, die dem jeweiligen Ort angemessen ist. Die Stahleck thront über Bacharach und könnte mit einer gartenkünstlerischen Gestaltung noch attraktiver werden. Die Stahlberg liegt abseits im Seitental, sozusagen in „edler Einfalt und stiller Größe“. Da müssen wir besonders behutsam vorgehen.
Welche Buga-Projekte beschäftigen euch noch?
Die ganze Buga-Thematik beschäftigt uns, weil uns das Mittelrheintal insgesamt am Herzen liegt. Der Rheinische Verein war einer der ersten, der das Thema Welterbe für das Tal aufs Gleis gebracht hat. Mit unserer Rheintalkonferenz und der Rheintalcharta 1997 gehörten wir zu den Initiatoren des Eintragungsprozesses. Jetzt, im Jahre 16 des Welterbetitels, steht Großes bevor: Gerade ist das neu gestaltete Loreleyplateau eröffnet worden, die Ortschaften wollen ihre Promenaden fit machen, Grundsatzfragen der Infrastruktur stehen auf der Agenda, und das sind nur ein paar Aspekte. Uns beschäftigt, dass und wie die Buga – die ja eigentlich eine Leistungsschau des Gartenbaus ist – zur substanziellen Stärkung des Tals beiträgt, und dass die Menschen im Tal hier mitreden können.
Landschaftsschutz ist eine der zentralen Aufgaben des Rheinischen Vereins. Wie steht ihr zu Projekten wie der Mittelrheinbrücke und der Hängeseilbrücke im Gründelbachtal?
Landschaft und Landschaftsbild sind zwei verschiedene Aspekte, die nicht ganz deckungsgleich sind. Wenn Landschaft regelrecht vernichtet wird, zum Beispiel durch Ausbaggerung von Rohstoffen oder durch Versiegelung durch Straßen- und Eigenheimbau, dann geht reale Landschaft verloren, und da ist dann auch mal ein klares Veto angesagt. Wenn Windkraftanlagen gebaut werden, eine neue Brücke entsteht oder ein Hängeseilpfad gespannt wird, dann betrifft das vor allem das Landschaftsbild. Und solche Bild-Veränderungen sind, auch wenn der Eingriff im Moment gravierend ist, ja auch reversibel.
Der Rheinische Verein hat wegen der Verbesserung der Verknüpfung von linker und rechter Rheinseite vor einigen Jahren ein Fährgutachten in Auftrag gegeben. Wir sind immer noch der Überzeugung, dass die Fähren als Verkehrsmittel im Mittelrheintal eine wichtige Besonderheit sind und gestärkt werden sollten. Fähre fahren ist nicht nur eine funktionale Angelegenheit, sondern ein echtes Erlebnis, ein Erleben von Landschaft, Entfernung, Perspektivwechsel. Ob die Brücke wirklich sein muss, ob es wirklich gelingen wird, der Kulturlandschaft damit ein Element von dauerhaftem Charakter einzufügen, da sind wir nicht entschieden.
Bei der Hängeseilbrücke sehe ich kurzfristig den Lustgewinn, finde aber, dass dieses Event ablenkt vom Eigentlichen, was uns das Tal bietet – dem Blick von der Flussmitte auf das Panorama.
Du wohnst in Koblenz und hast das Welterbetal vor der Haustür. Wo bist du besonders gern und wo kehrst du am liebsten ein?
Ich hab mich in der bisherigen Biographie sozusagen immer weiter südlich bewegt, vom Ruhrgebiet über Bonn nach Koblenz. Dabei habe ich mein Büro in Köln – wo unser Vereinssitz ist – und muss entsprechend viel pendeln. Aber das ist es wert, denn ich bin in Koblenz sehr gerne, schätze das Tor zum Welterbe, die direkte Nähe zum Welterbe Oberes Mittelrheintal und auch zur Mosel. Sehr gerne mag ich die Vereinsburgen, das Günderodehaus und das Schweizerhaus in Trechtingshausen, auch so ein wach zu küssender Ort. Und ich mag es, auf einem Schiff zu sein, und mich durch das Landschaftsbild fahren zu lassen.
Zuletzt in der Reihe „7 Fragen an …“ erschienen
Claudia Schwarz (Tourismus-Managerin und Welterbe-Repräsentantin aus St. Goar) – Sonja Spano (Restaurant-Einrichterin und Raumausstatterin in Boppard) – Marcel D’Avis (Banker und Designer aus Oberwesel) – Gero Schüler (Winzer und Student aus Steeg) – Marlon Bröhr (Landrat des Rhein-Hunrück-Kreises) – Matthias Pflugradt (Medienprofi, Bestatter und Loreley-Rebell aus St. Goarshausen) – Heinz-Uwe Fetz (Weinbau-Präsident, Winzer und Gin-Macher aus Dörscheid) – Michael Maul (Sprecher der Fährbetriebe am Mittelrhein) – Martin Nickenig (Bäckermeister in Boppard) – Walter Bersch (Bürgermeister von Boppard) – Robert Wurm (Ex-Manager und Winzer in Lorch) – Marcus Schwarze (Journalist, Digitalberater und Buga-Blogger) – Tristan Storek (Düsseldorfer Jungwinzer und Techniktalent in Steeg) – Andreas Nick (Lehrer, Kommunalpolitiker und Hostel-Besitzer in Bad Salzig) – Jean-Michel Malgouyres (französischer Küchenchef in Rüdesheim) – Natascha Meyer (Kanzlei-Managerin, Lektorin und Boppard-Botschafterin) – Heiner Monheim (Verkehrsforscher und Bahnlärm-Bekämpfer) – Carolin Weiler (Winzerin und „FAZ“-Liebling aus Lorch) – Petra Bückner (Tourismuschefin in Lahnstein) – Michael Stein(Kommunalpolitiker aus Bingen) – Falko Hönisch (Opernsänger und Bürgermeisterkandidat in St. Goar) – Kathrin Büschenfeld (Apothekerin in Lorch) – Dieter Stein (IT-Manager und Konzertveranstalter aus St. Goar) – Peter Henrich, (Archäologe in Koblenz)
Termine des Tages
Sonntag auf der Loreley – Osterspektakel / Mittelaltermarkt – 21. April, 11 – 19 Uhr. gastlandschaften.de
Sonntag in Lahnstein – Rheinleuchten – 21. April, ab 19 Uhr. lahnstein.de
Sonntag auf der Festung Ehrenbreitstein – Festungsleuchten – 21. April, 20 Uhr. tor-zum-welterbe.de
Sonntag in Rhens – Rheinleuchten – 21. April, 20 Uhr. rhein-leuchten.de
Sonntag in Spay – Rheinleuchten – 21. April, 20 Uhr. rhein-leuchten.de
Sonntag in Lorch – Rheinleuchten – 21. April, ab 20 Uhr. Stadt Lorch
Sonntag in Rüdesheim – Rheinleuchten – 21. April, 20 Uhr. ruedesheim.de
Sonntag in Braubach – Rheinleuchten – 21. April, 20 Uhr. rhein-leuchten.de
Sonntag in Trechtingshausen – Rheinleuchten auf Burg Rheinstein- 21. April, 20 Uhr. rhein-leuchten.de
Sonntag auf der Loreley – Rheinleuchten – 21. April, 20 Uhr. rhein-leuchten.de
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13 Gedanken zu „Der doppelte und dreifache Burgherr: 7 Fragen an Martin Bredenbeck“
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