Mediziner wie Axel Strähnz sind selten geworden – nicht nur am Mittelrhein: Der zweifache Facharzt (Chirurgie und Allgemeinmedizin) arbeitet lieber als Hausarzt in seiner Wahlheimat Oberwesel als streng nach Dienstplan in einer Großstadt-Klinik. Wenn es um die medizinische Versorgung in der Region geht, steigt Strähnz auch schon mal aufs Podest. Bei der Kundgebung für die Loreley-Klinik am vergangenen Sonntag gehörte er zu den Rednern. 7 Fragen an einen Mediziner und Mittelrhein-Fan.
Axel, du bist niedergelassener Arzt in Oberwesel. Warum gerade hier?
Die Tatsache, dass ich in Oberwesel gelandet bin, ist eigentlich eine Kette von Zufällen. Zunächst bin ich aus privaten Gründen in den Hunsrück gezogen und wollte mich dort niederlassen. Dann kam ich jedoch über Umwege als Arzt in die Chirurgie der Loreley-Kliniken. In dieser Zeit wurde mir eine Hausarztpraxis in Oberwesel angeboten. Da ich mich hier sehr wohlgefühlt habe, habe ich relativ spontan entschieden, das Angebot anzunehmen, und ich habe diese Entscheidung nie bereut.
Wie attraktiv ist der Standort für Mediziner?
Für jemanden, der gerne im „alten“ Sinne als Haus- oder Landarzt tätig sein möchte, also seine Patienten über einen langen Zeitraum in der Praxis, in Ihrem Zuhause und dem familiären Umfeld behandeln will, ist der Standort sehr attraktiv. Die Menschen und auch die Region sind wunderbar, und wenn man hier als Hausarzt arbeitet, weiß man, warum man Medizin studiert hat.
Für junge Mediziner sind allerdings Praxen in Städten oder die Arbeit in den Krankenhäusern attraktiver, weil für sie die Rahmenbedingungen (die Work – Life -Balance) dort als besser empfunden werden.
Vor allem auf der rechten Rheinseite wird der Ärztemangel dramatisch. Warum ist es so schwierig, junge Ärzte zu gewinnen?
Die Grundvorrausetzungen für die jungen Kollegen stimmen leider nicht mehr. Solange man als Oberarzt im Krankenhaus oder in einer Praxis in der Stadt mehr verdient als auf dem Land, überwiegen für die Kollegen auch diese Vorteile gegenüber der Tätigkeit als Hausarzt in ländlichen Gebieten. Der zeitliche Anspruch, den eine Praxis auf dem Land mit sich bringt, ist deutlich höher. Hinzu kommt noch die Angst vieler junger Kollegen vor den immer noch bestehenden Regressandrohungen (finanzielle Rückforderungen für Leistungen, die nach Meinung der Kassen zu viel erbracht wurden) und der finanziellen Ungewissheit der Selbstständigkeit.
Was würdest du ändern, wenn du es könntest?
Um es einfach auf den Punkt zu bringen: Kollegen, die im ländlichen Bereich arbeiten, sollten für die aufwendigere Betreuung der Patienten, z.B. durch längere Wege zu Hausbesuchen, deutlich mehr Geld bekommen als die Kollegen in der Stadt, beispielsweise im Rahmen eines Landarztzuschlages.
Budgets und Regresse müssen für Landärzte ausgesetzt oder abgeschafft und Zulassungsbeschränkungen für Ärzte im ländlichen Bereich aufgehoben werden.
In Oberwesel und St. Goar sind die Loreley-Kliniken in Gefahr. Dein Kollege Alfred Galeazzi hat die Idee eines medizinischen Versorgungszentrums ins Spiel gebracht, das eng mit den niedergelassenen Ärzten kooperieren würde. Wie realistisch ist das?
In einer Situation wie in St. Goar und Oberwesel sind in Zukunft sicherlich konstruktive und vielleicht auch unkonventionelle Lösungen erforderlich, weil die Situation der medizinischen Versorgung sich rasant verändert. Einfach wird es sicherlich nicht, da wir bei einem medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) oder auch dem ärztlichen Bereitschaftsdienst von einer Versorgung durch niedergelassene Kassenärzte sprechen, die mit einer Notfallversorgung in einer Krankenhausambulanz zunächst nichts zu tun hat, weder personell noch wirtschaftlich. Eine komplexe, aber nicht unlösbare Aufgabe.
Aber wir haben besprochen, dass wir uns zusammensetzen werden, um mit allen eine machbare Lösung für die Menschen zu finden.
Du hast in deiner Zeit als Krankenhaus-Arzt selbst in den Loreley-Kliniken gearbeitet. Was waren deine Erfahrungen mit der Geschäftsführung und dem Marienhaus-Konzern?
Zu meiner Zeit als Chirurg in den Loreley-Kliniken Anfang der 2000er habe ich sehr positive Erfahrungen mit der damaligen Geschäftsführung gemacht. Der Marienhauskonzern war in der Zeit – nach meinem Empfinden – nur im Hintergrund.
Was können die Menschen in der Region tun, um die Kliniken zu retten?
Die Menschen in der Region haben schon so unglaublich viel getan, und das hat ja auch schon zu ersten Erfolgen geführt. Jetzt heißt es „dranbleiben“ für alle und zusammen den Weg weitergehen. Wenn jeder das, was er kann, weiterhin einbringt, haben wir eine Chance, die wohnortnahe medizinische Versorgung weiterhin zu erhalten.
Schlussredaktion: Natascha Meyer
Dieses Jahr in der Reihe „7 Fragen an …“ erschienen
Robert Wurm (Ex-Manager und Winzer in Lorch) – Marcus Schwarze (Journalist, Digitalberater und Buga-Blogger) – Tristan Storek (Düsseldorfer Jungwinzer und Techniktalent in Steeg) – Andreas Nick (Lehrer, Kommunalpolitiker und Hostel-Besitzer in Bad Salzig) – Jean-Michel Malgouyres (französischer Küchenchef in Rüdesheim) – Natascha Meyer (Kanzlei-Managerin, Lektorin und Boppard-Botschafterin) – Heiner Monheim (Verkehrsforscher und Bahnlärm-Bekämpfer) – Carolin Weiler (Winzerin und „FAZ“-Liebling aus Lorch) – Petra Bückner (Tourismuschefin in Lahnstein) – Michael Stein (Kommunalpolitiker aus Bingen) – Falko Hönisch (Opernsänger und Bürgermeisterkandidat in St. Goar) – Kathrin Büschenfeld (Apothekerin in Lorch) – Dieter Stein (IT-Manager und Konzertveranstalter aus St. Goar) – Peter Henrich (Archäologe in Koblenz) – Martin Bredenbeck (Geschäftsführer des Rheinischen Vereins) – Markus Patschke (Energieberater in Bacharach) – Ulrich Lautenschläger (Konzertveranstalter auf der Loreley) – Ivo Reßler(Bürgermeister-Kandidat in Lorch) – Jean-Marc Petit (Hausbesitzer und Denkmalpfleger in Bacharach) – Anne Kauer (Winzerin in Bacharach) – Gerd Benner (Manager und Hobby-Köhler aus Boppard) – Markus Kramb (Metzger aus St. Goar) – Mary-Ann Gellner (Hauptkommissarin der Wasserschutzpolizei St. Goar) – Ilka Heinzen (Einzelhändlerin und Stadträtin in Bingen) – Jan Bolland (Hotel-Investor in Bingen) – Pater Eryk (Franziskaner im Kloster Bornhofen) – Mareike Knevels (Kommunikationsdesignerin und Burgenbloggerin) – Willy Praml (Theatermacher „An den Ufern der Poesie) – Sebastian Hamann (Beigeordneter der Stadt Bingen) – Johannes Lauer (Dachdeckermeister und Kommunalpolitiker in Lahnstein) – Almut Lager (Unternehmerin und Denkmalschützerin in Bacharach) – Maximilian Siech (Sportler und Projektleiter beim Zweckverband Welterbe) – Till Gerwinat und Lambert Lensing-Wolff (Unternehmer auf Burg Reichenstein) – Christiane Speth (Exil-Bopparderin und Udenhausen-Patriotin an der Schweizer Grenze) – Christian Albrecht (Feuerwehr-Profi aus Oberwesel) – Markus Kalkofen (Polizist und Landschaftspfleger aus Kamp-Bornhofen) – Lena Höver (Stadtmanagerin und Tourismus-Chefin in Oberwesel) – Klaus Zapp (Bürgermeister-Kandidat in Rüdesheim) – Walter Karbach (Autor und Verleger aus Oberwesel) – Heike Zimmer (Floristin und Krankenhaus-Kämpferin in Oberwesel)
Termine des Tages
Boppard – „Das Klavier singt“ / Sonntagmatinee im Bellevue Rheinhotel – 17. November, 11 Uhr. boppard-tourismus.de
Assmannshausen – Tag der offenen Tür im Staatsweingut – 17. November, 11 – 18 Uhr. kloster-erberbach.de
Bacharach – „Romantische Klaviermusik“ mit Valerio Premuroso / Bacharacher Meisterkonzerte – 17. November, 18 Uhr. rhein-nahe-touristik.de
Festung Ehrenbreitstein – Kinga Glyk / Konzert im Kuppelsaal – 17. November, 19 Uhr. tor-zum-welterbe.de
St. Goar – Küchenparty auf Rheinfels – 17. November, 19 Uhr. mittelrheinmomente.de
Boppard – „Dem Horizont so nah“/ Cinema in der Stadthalle – 17. November, 20 Uhr. boppard-tourismus.de
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1 Gedanke zu „„Wenn man hier als Hausarzt arbeitet, weiß man, warum man Medizin studiert hat““
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