Frank Zimmer

Johannes auf dem Dach: 7 Fragen an den Schieferdecker von Lahnstein

Einen besseren Überblick als Johannes Lauer hat kaum jemand: Der CDU-Fraktionschef im Lahnsteiner Stadtradt steigt den Leuten im Hauptberuf aufs Dach. Er ist selbstständiger Dachdeckermeister und arbeitet mit dem mittelrheinischstem aller Materialien, dem Schiefer. 7 Fragen an einen Handwerker, der hoch hinauskommt.

Johannes Lauer im Einsatz. Foto: Privat.

Johannes Lauer, deinen Betrieb gibt es seit über 30 Jahren. Wie sah es am Anfang mit dem Handwerk am Mittelrhein aus?

Die Betriebsgründung fand am 1. Juni 1985 in einer gemieteten Werkstatt in der Mittelstraße 65 in Oberlahnstein statt. Am Anfang war ich alleine und hatte nur einen Freund, der stundenweise aushelfen kam. Nach 2 Monaten stellte ich den ersten Auszubildenden ein. Die wirtschaftliche Lage war damals nicht sehr euphorisch, aber auch nicht  hoffnungslos. Man musste schon einiges tun und sich um Aufträge bemühen. Die Kunden standen nicht Schlange, und die Entscheidung, welcher Handwerker einen Auftrag ausführen durfte, hing meistens nur vom Preis ab. Auf die eigentliche tiefere Qualität sahen die Kunden damals bei Weitem nicht so intensiv wie heute. Den Handwerkern ging es nicht schlecht, aber die Auftragsbücher  waren nicht besonders prall gefüllt. Oft wurden auch noch Gesellen und Helfer vor Weihnachten entlassen, um mit weniger Lohnkosten über den Winter zu kommen. Ab 1987 wurde die wirtschaftliche Auslastung besser, und ab 1989 kam dann der Boom durch die Wiedervereinigung.

Momentan scheint die Baubranche ohne Ende zu boomen, aber es gibt kaum noch Nachwuchs. Wie löst du das Problem?

Die Bauwirtschaft boomt, und die Investitionslust der privaten Hausbesitzer ist ungebrochen. Das führt dazu, dass es zur Zeit durchaus über 10 Wochen dauern kann, einen Handwerker in die Arbeit zu bekommen. Der Fachkräftemangel und die geringere Anzahl an Auszubildenden tun ihr Übriges zur Verschärfung der Lage. Und das Problem wird von Jahr zu Jahr intensiver. Ich selbst stelle immer einen Ausbildungsplatz zur Verfügung. Allerdings sind die Bewerbungen, wenn überhaupt welche durch die Agentur für Arbeit vermittelt werden, oft nicht das, was ich mir vorstelle. Auf Teufel komm raus irgendwelche Ausbildungsverhältnisse abzuschließen, bringt einen ja auch nicht weiter. Also wenn, dann versuche ich aus dem direkten Umfeld, junge Menschen für unser Handwerk zu interessieren.

Wirst du selbst irgendwann einen Nachfolger haben?

Einer meiner jungen Mitarbeiter möchte im nächsten Jahr mit der Meisterprüfung an der Dachdeckerfachschule in Mayen beginnen. Er hat seine Ausbildung zum Gesellen in meinem Betrieb erhalten und hat eine starke Bindung zum Betrieb. Es ist also durchaus denkbar, dass er nach bestandener Meisterprüfung und nach meiner Verrentung  den Betrieb übernehmen könnte. Diese Entscheidung ist allerdings noch nicht spruchreif, und zuerst muss er ja auch die wichtigste Voraussetzung, die Meisterprüfung im Dachdeckerhandwerk, bestehen. Ich würde den Betrieb nicht an einen Inhaber ohne Meisterbrief weitergeben.

Als Dachdeckermeister arbeitest mit einem besonders typischen Mittelrhein-Material: Schiefer. Wie oft wird Schiefer noch für Neubauten verwendet?

Schiefer wird im Bereich des Neubaus eigentlich kaum noch verwendet. Das ist sehr schade und wird dem Werkstoff nicht gerecht. Selbst hier am Rhein, wo schiefergedeckte Dächer eine Jahrhunderte alte Tradition besitzen, wird in diesem Punkt sehr lieblos und teils auch instinktlos geplant und gebaut. Der Leitfaden für Baumaterialien und Farbtöne im Bereich des Unesco-Welterbes kümmert kaum einen Architekten oder eines der zuständigen Bauämter in den Städten oder Kreisen. In der Sanierung und im Denkmalschutz spielt fast ausschließlich der Dachschiefer eine tragende Rolle. Hier ist es besonders die Untere und Obere Denkmalschutzbehörde, die peinlich genau hinschaut, was verarbeitet wird. Es müsste deutlich mehr Gestaltungssatzungen in den Gemeinden am Mittelrhein geben und dann auch angewendet werden.

 

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Rheinisches Schiefergebirge. #Bacharach #Mittelrhein #mittelrheingold #rhinevalley #rheinlandpfalz #loreley

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Schiefer gilt als besonders haltbar. Wo ist das älteste Schieferdach, das du am Mittelrhein kennst?

Schiefer ist seit der Römerzeit am Rhein das langlebigste und auch dekorativste Bedachungsmaterial. Auch führte die Brandgefahr in den engen Ortschaften am Rhein schon früh dazu, dass Strohdächer verboten wurden und nur schiefergedeckte Dächer innerhalb des Stadtgebietes verwendet werden durften. Die ältesten Schieferdächer, die mir selbst bekannt sind und auf denen ich auch schon gearbeitet habe, sind in Lahnstein die Schieferdeckung auf dem Alten Rathaus Oberlahnstein aus dem Jahr 1900 und die Schieferdeckung des Hauptdaches vom „Wirtshaus an der Lahn“. Diese Deckung schätze ich auf weit über 120 Jahre. Auch finden wir im Stadtgebiet, in verschiedenen Rheingemeinden und auch auf Burgen schiefergedeckte Wandbeschläge, die deutlich über 100 Jahre alt sind. Schönste Beispiele hierfür findet man in Kaub.

 

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Über Schloss Stolzenfels war neulich zu lesen, dass extreme Sonneneinstrahlung Risse im relativ neuen Dachschiefer verursacht. Sind dir vergleichbare Fälle bekannt?

Das habe ich auch gelesen und kann es mir eigentlich nicht vorstellen. Schiefer hat seine Probleme bei Dauerfrost, wenn sich in mechanischen Rissen Feuchtigkeit ansammelt und gefriert. Aber dass die Sonneneinstrahlung den Dachschiefer zum Reißen bringt, habe ich bis heute weder erlebt, noch von alten, erfahrenen Schieferdeckern gehört. Früher hat man ja sehr gerne den Hauschutt des Dachschiefers mit in die Weinberge genommen und an den Wurzeln der Weinreben angehäuft. Der Grund war, dass der Schiefer die Sonnenwärme speichert und somit der Rebe auch abends noch Wärme spendete. Mir selbst sind also keine Fälle von Hitzerissen im Dachschiefer bekannt.  

 

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Dachdecker haben von allen Handwerkern die beste Aussicht. An welchen Blick erinnerst du dich besonders gern?

Als Dachdecker hat man öfter die Gelegenheit, außergewöhnliche Ausblicke zu genießen. Beeindruckend war sicherlich, als wir Teile der Dächer der Burg Lahneck über Lahnstein neu mit Schiefer eingedeckt haben. Der Blick vom Bergfried aus weit in das Mittelrheintal prägte sich tief in mein Gedächtnis ein. Auch der Blick vom Obertorturm in Braubach über diese wunderschöne Stadt gepaart mit der Marksburg war mehr als beeindruckend. Oder auch die Aussicht von den Dächern der beiden Aussichtstürme in Lahnstein, dem Sechsseenblick und dem Turm am Lichterkopf war mehr als beeindruckend. Leider gibt es beide Türme schon seit vielen Jahren nicht mehr. Also kurz gesagt: In einem Dachdeckerleben bekommt man doch einen gewissen Überblick über die Welt um einen herum. Und dann weiß man auch, wie wunderschön und unvergleichlich unsere Heimat am Mittelrhein ist.

Schlussredaktion: Natascha Meyer

Zuletzt in der Reihe „7 Fragen an …“ erschienen

Robert Wurm (Ex-Manager und Winzer in Lorch) – Marcus Schwarze (Journalist, Digitalberater und Buga-Blogger) – Tristan Storek (Düsseldorfer Jungwinzer und Techniktalent in Steeg) – Andreas Nick (Lehrer, Kommunalpolitiker und Hostel-Besitzer in Bad Salzig) – Jean-Michel Malgouyres (französischer Küchenchef in Rüdesheim) – Natascha Meyer (Kanzlei-Managerin, Lektorin und Boppard-Botschafterin) – Heiner Monheim (Verkehrsforscher und Bahnlärm-Bekämpfer) – Carolin Weiler (Winzerin und „FAZ“-Liebling aus Lorch) – Petra Bückner (Tourismuschefin in Lahnstein) – Michael Stein(Kommunalpolitiker aus Bingen) – Falko Hönisch (Opernsänger und Bürgermeisterkandidat in St. Goar) – Kathrin Büschenfeld (Apothekerin in Lorch) – Dieter Stein (IT-Manager und Konzertveranstalter aus St. Goar) – Peter Henrich (Archäologe in Koblenz) – Martin Bredenbeck (Geschäftsführer des Rheinischen Vereins) – Markus Patschke (Energieberater in Bacharach) – Ulrich Lautenschläger (Konzertveranstalter auf der Loreley) – Ivo Reßler(Bürgermeister-Kandidat in Lorch) – Jean-Marc Petit (Hausbesitzer und Denkmalpfleger in Bacharach) – Anne Kauer (Winzerin in Bacharach) – Gerd Benner (Manager und Hobby-Köhler aus Boppard) – Markus Kramb (Metzger aus St. Goar) – Mary-Ann Gellner (Hauptkommissarin der Wasserschutzpolizei St. Goar) – Ilka Heinzen (Einzelhändlerin und Stadträtin in Bingen) – Jan Bolland (Hotel-Investor in Bingen) – Pater Eryk (Franziskaner im Kloster Bornhofen) – Mareike Knevels (Kommunikationsdesignerin und Burgenbloggerin) – Willy Praml (Theatermacher „An den Ufern der Poesie) – Sebastian Hamann (Beigeordneter der Stadt Bingen)

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Der Meister des Mittelrhein-Swing begeistert mit neuen, eigenen Songs und ist damit TV-Thema geworden. Am kommenden Freitag singt er hoch über dem Rhein auf der Open-Air-Bühne in Maria Ruh. Wer ein Ticket kauft, tut nicht nur sich etwas Gutes: Das Event gegenüber der Loreley ist ein Benefiz-Konzert von Lotto Rheinland-Pfalz. maria-ruh.demomente.shop (Tickets)

Termine des Tages

Bingen – Rochusfest  – 18.-25. August. bingen.de

Bacharach – Kulinarische Sommernacht am Rhein – 24. August, ab 11 Uhr. rhein-nahe-touristik.de

Bingen – „Recharge im Park“ / E-Musik am Mäuseturm – 25. August, 13 Uhr. bingen.de

Niederheimbach – „Honeypain – Männerchor trifft LoopMachine“ / Festival „An den Ufern der Poesie“ mit dem Heinrich-Heine-Chor und Gregor Praml – 25. August, 14 Uhr. mittelrheinfestival-poesie.com

Bingen – Monatskonzert in der Ev. Johanneskirche / Orgelmusik mit Burkhard Mohr – 25. August, 14 Uhr. bingen.de

Bacharach – Villa Musica: Brahms Sextette / Konzert in der Wernerkapelle – 25. August, 17 Uhr. rhein-nahe-touristik.de

Kaub – „Die schöne Müllerin“ / Festival „An den Ufern der Poesie“ mit Friedrich Bastian und Henriette Meyer-Ravenstein – 25. August, 19 Uhr. mittelrheinfestival-poesie.com

Foto des Tages

 

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4 Gedanken zu „Johannes auf dem Dach: 7 Fragen an den Schieferdecker von Lahnstein“

  1. Handwerk und Politik finde ich eine sehr gute Kombi. Das klingt auf jeden Fall spannend. Ich finde das Bild am Anfang spannend. Da sieht man mal richtig wie eine Schieferbedachung aussieht.

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