Frank Zimmer

Die Mutbürgerin vom Mittelrhein: 7 Fragen an Almut Lager

Gut, dass Almut Lager nicht immer auf Architekten hört: Die Chefin der Fliesenfirma VIA entschied sich trotz vehementer Warnungen für den Kauf und die Sanierung der früheren Sektkellerei Geiling in Bacharach. Heute ist das Gebäude im Chateau-Stil der Sitz eines florierenden Unternehmens und ein Musterbeispiel für funktionierende Industriearchitektur. 7 Fragen an eine Mittelrhein-Unternehmerin mit Mut und Geschmack.

Almut Lager ist Mitgründerin und Geschäftsführerin von VIA in Bacharach. Foto: VIA

Almut, am Mittelrhein haben es dir die ganz schweren Immobilienfälle angetan: Ein altes Schiefermahlwerk in Kaub und die frühere Sektkellerei Geiling in Bacharach. Woher kommt die Begeisterung für das Tal und seine alten Gebäude?

Ins Schiefermahlwerk habe ich mich – auf der Suche nach einem Familien- und Firmenstandort – sofort verliebt und mit meiner Begeisterung meinen Mann angesteckt. Bei der Sektkellerei war es genau andersrum.

Vor dem Kauf und dem Umzug haben wir das Rheintal und Kaub mit steigender Begeisterung bereist und erwandert. Besonders begeistert waren wir von den Menschen und der Schönheit der Landschaft. Das ist jetzt schon über 17 Jahre her, und begeistert sind wir noch immer.

Gefallen hat uns auch die Nähe zum Rhein-Main-Gebiet. Mein Mann spricht gerne vom Frankfurter Westend.

Am Sonntag saßen wir nach einem gelungen Theaterabend in Kaub noch mit den Theatermachern und Freunden zusammen und haben dort festgestellt, dass mein Mann und ich die Begeisterung fürs Bauen teilen, ebenso wie die für schöne Baumaterialien. Bei alten Gebäuden begeistert uns neben der Geschichte der Bestand und das Potential, das in ihnen steckt.

Für die Sanierung des Geiling-Gebäudes habt ihr gerade den Baukultur-Preis bekommen. In welchem Zustand war das Haus, als ihr es übernommen habt?

Über den Baukulturpreis haben wir uns sehr gefreut, auch für den Umbau des Schiefermahlwerks haben wir vor 10 Jahren einen Baukulturpreis erhalten.

Das Geilingsche Gebäude ist ja immer ein Unfertiges gewesen. Durch den Ersten und dann auch durch den Zweiten Weltkrieg ist es in Gänze nie fertiggestellt worden, und wir haben uns bei vielen Räumen gefragt, wie es wohl der Erbauer Georg Geiling sehen würde oder sich vorgestellt hat. 

 Auch wir werden nicht die Letzten sein, die dieses Gebäude nutzen und beleben.

 Als wir vor dem Erwerb des Gebäudes Architekten zu Rate gezogen haben, habe die uns vehement abgeraten. Jedoch ist durch die beherzte Vergrößerung des Innenhofes mit dem Glasdach das Gebäude heute funktional und bietet trotzdem die Atmosphäre, die wir uns zum Arbeiten wünschen und die auch zu unseren Produkten passt. Zudem konnten wir mit der Firma im Tal bleiben.

VIA-Lager in Bacharach. Foto: VIA

Was war die größte Herausforderung auf der Baustelle?

Die Umbaumaßnahmen wurden sehr kooperativ mit Handwerkern auf Sicht ausgeführt, und so wurden jeden Tag, step by step, die Aufgaben gelöst. 

 Sportlich war die Zeit, die der Umbau in Anspruch genommen hat. Ein halbes Jahr nach dem Erwerb sind wir mit dem Lager eingezogen und nach einem knappen Jahr mit dem Büro. 

Zeit und auch Geld hat das Unverständnis der Kreisverwaltung gekostet, die uns mit einem Baustopp nicht gerade unterstützt hat.

Die alte Sektkellerei in Bacharach. Foto: VIA

Ihr erhaltet historische Gebäude und sorgt in Bacharach für Arbeitsplätze und Gewerbesteuern. Fühlt ihr euch von Politik und Verwaltung ausreichend unterstützt?

 Wir wohnen, leben und arbeiten hier im Tal sehr gut und gerne. Unterstützung haben wir bis dato nicht erhalten.

Um erfolgreich Unternehmen am Mittelrhein zu halten oder auch anzusiedeln, ist eine Senkung der Abgaben sinnvoller als eine Subventionspolitik mit der Gießkanne.

VIA lebt  vom guten Geschmack seiner Kunden. Wie wichtig sind Käufer aus der Region für euch?

Wir haben einige Kunden hier in der Region; so hat die Architektin Susanne Schönel hier aus Bacharach unsere Terrazzoplatten im Weingut Toni Jost eingesetzt. Gerade hat in Rüdesheim in der Drosselgasse ein neuer Laden eröffnet, „Darwin´s Daughter“, ebenfalls mit VIA-Terrazzoplatten. Auch das Weinbergschlösschen, in dem die Lambrich-Brüder viel in den Umbau stecken, wurde auf VIA Terrazzo gesetzt.

Beim Einrichtungsstil vieler Lokale und Läden in der Region ist noch Luft nach oben. Welche positiven Beispiele fallen dir ein?

Da gibt es einige sehr positive Beispiele und davon auch einige mit VIA-Platten. Mit „Kaub Mitte“ hat Kaub direkt am Marktplatz ein tolles Weinbistro. Pia und Peter Richarz haben da ein Schmuckstück geschaffen, und wir sind stolz, dass VIA-Platten und VIA-Kreidefarben zum Einsatz gekommen sind. Auch im Kauber Bahnhof und im Lotsenhäuschen liegen VIA-Platten  – es freut uns, dass VIA hier im Tal immer bekannter wird und auch hier für gutes Bauen steht.

Das Hotel “Alte Schule” in Lorch und das „Fetz“ in Dörscheid fallen mir auch noch ein.

Büchner-Aufführung bei VIA in Bacharach. Foto: Katrin Glockengießer.

Ihr habt eure Firmengebäude gerade für das „Festival an den Ufern der Poesie“ geöffnet.  Bei welchen Gelegenheiten kann man die alte Kellerei noch besichtigen?

Eine weitere Möglichkeit ist der Tag des Denkmals, an dem wir auch immer teilnehmen, und in den letzten Jahren zahlreiche Besucher von nah und fern kamen. Dieses Jahr ist es Sonntag, der 8. September. Wir haben an den Denkmaltagen in vielen Gesprächen Interessantes über das Gebäude und seine Geschichte erfahren.

Foto: VIA

Schlussredaktion: Natascha Meyer

Zuletzt in der Reihe „7 Fragen an …“ erschienen

Robert Wurm (Ex-Manager und Winzer in Lorch) – Marcus Schwarze (Journalist, Digitalberater und Buga-Blogger) – Tristan Storek (Düsseldorfer Jungwinzer und Techniktalent in Steeg) – Andreas Nick (Lehrer, Kommunalpolitiker und Hostel-Besitzer in Bad Salzig) – Jean-Michel Malgouyres (französischer Küchenchef in Rüdesheim) – Natascha Meyer (Kanzlei-Managerin, Lektorin und Boppard-Botschafterin) – Heiner Monheim (Verkehrsforscher und Bahnlärm-Bekämpfer) – Carolin Weiler (Winzerin und „FAZ“-Liebling aus Lorch) – Petra Bückner (Tourismuschefin in Lahnstein) – Michael Stein(Kommunalpolitiker aus Bingen) – Falko Hönisch (Opernsänger und Bürgermeisterkandidat in St. Goar) – Kathrin Büschenfeld (Apothekerin in Lorch) – Dieter Stein (IT-Manager und Konzertveranstalter aus St. Goar) – Peter Henrich (Archäologe in Koblenz) – Martin Bredenbeck (Geschäftsführer des Rheinischen Vereins) – Markus Patschke (Energieberater in Bacharach) – Ulrich Lautenschläger (Konzertveranstalter auf der Loreley) – Ivo Reßler(Bürgermeister-Kandidat in Lorch) – Jean-Marc Petit (Hausbesitzer und Denkmalpfleger in Bacharach) – Anne Kauer (Winzerin in Bacharach) – Gerd Benner (Manager und Hobby-Köhler aus Boppard) – Markus Kramb (Metzger aus St. Goar) – Mary-Ann Gellner (Hauptkommissarin der Wasserschutzpolizei St. Goar) – Ilka Heinzen (Einzelhändlerin und Stadträtin in Bingen) – Jan Bolland (Hotel-Investor in Bingen) – Pater Eryk(Franziskaner im Kloster Bornhofen) – Mareike Knevels (Kommunikationsdesignerin und Burgenbloggerin) – Willy Praml (Theatermacher „An den Ufern der Poesie) – Sebastian Hamann           (Beigeordneter der Stadt Bingen) – Johannes Lauer (Dachdeckermeister und Kommunalpolitiker in Lahnstein)

Termine des Tages

Bingen – Winzerfest – 31. August – 9. September. bingen.de

Assmannshausen – Höllengassen-Party – 1. September – ruedesheim.de

St. Goar-Biebernheim – Biewerumer Quetschekerb – 1. September, ab 10 Uhr 30. VG St. Goar-Oberwesel

Oberwesel – „Mythos deutscher Rhein“ / Sonderführung im Stadtmuseum. 1. September, 11 Uhr und 17 Uhr. oberwesel.de

Lorch – Straußwirtschaft GV Eintracht Lorch im Weingut Graf von Kanitz – 1. September, ab 15 Uhr. lorch-rhein.de

Bacharach – „Bachanale“ / Finale des Theaterfestivals „An den Ufern der Poesie“ – 1. September, 16 Uhr. mittelrheinfestival-poesie.com

Hirzenach – Benefizkonzert für Solwodi – 1. September, 17 Uhr. boppard.de

Foto des Tages

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