Insider wussten es schon länger, aber jetzt ist es amtlich: Cora und Marco Hecher pachten die landeseigene Burg Sooneck. Die Juniorchefs auf Burg Rheinstein wollen Sooneck zum Ausflugsziel für Kinder und Familien entwickeln. Mittelrheingold-Gastbloggerin Marie-Luise Krompholz sprach mit Marco über seine Erfahrungen auf Rheinstein, seinen Umgang mit der Corona-Krise und die Pläne für Burg Nr. 2.
Marco, du verantwortest zusammen mit deiner Frau Cora den Restaurant- und Veranstaltungsbetrieb auf Burg Rheinstein. Wie verlief die Saison 2020?
Zu Beginn der Corona-Krise haben wir mit unserem Steuerberater ein Worst-Case-Szenario entwickelt. Dabei hätten wir das Geschäftsjahr mit einem hohen fünfstelligen Verlust abgeschlossen. Wir haben ja über 30 Prozent höhere Grundkosten als vergleichbare Gastronomiebetriebe aufgrund unserer besonderen Lage: der Warentransport hoch auf die Burg ist eine Herausforderung, ebenso die Lagerungsmöglichkeiten, und natürlich müssen wir die Vorgaben zum Denkmalschutz bei allen Baumaßnahmen beachten. Dazu kam, dass unser Hauptgeschäft, die Hochzeitsveranstaltungen, fast komplett eingebrochen ist. In dieser Zeit waren meine Eltern eine starke emotionale Stütze. Sie standen in 40 Jahren Burg Rheinstein schon mehrmals mit dem Rücken zur Wand und haben trotzdem nie aufgegeben. Die gute Entwicklung des Inlandstourismus im Sommer hat uns dann geholfen, das Schlimmste abzuwenden und wir konnten das Jahr 2020 knapp positiv abschließen. Darüber sind wir in der ganzen Burgfamilie sehr froh, denn wir sehen ja die vielen Betriebe, die hohe Verluste haben oder bereits aufgeben mussten. Wir sind sehr dankbar über die Unterstützung vieler Menschen und ganz besonders von unserem Spitzen-Mitarbeiterteam,
unseren fleißigen Burggeistern.
Ihr habt in der Corona-Zeit begonnen, selbst gemachte Marmeladen und andere Burgprodukte zu verkaufen. Hat das die Einnahme-Verluste zumindest teilweise aufgefangen?
Meine Frau Cora hat als Hobby unseren Kräutergarten und kam auf die Idee, Marmelade mit Kräutern zu kombinieren. In den letzten Monaten kamen dann Kräutersalze, Tees und Hunde-Leckerlies dazu. Alles wird mit Liebe und ohne Zusatzstoffe bei uns ‚burggemacht‘. Die Nachfrage war sehr gut. Jeder Euro hilft der Burg und wir können unsere Mitarbeitenden weiter beschäftigen. Seit Ende letzten Jahres haben wir einen Onlineshop und bieten auch einen Geschenkservice für Firmen und Privatpersonen an, zum Beispiel für Ostern. Vor ein paar Tagen haben wir mit dieser Idee eine Förderung gewonnen und werden in den nächsten Wochen professionell bei der Entwicklung unseres Onlineshops unterstützt.
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Wie beurteilst du die Corona-Unterstützung der Politik für die Gastronomie?
Die Pandemie hat für uns alle viel Leid gebracht. Zum Glück sind in unserer Familie und in unserem Team alle gesund. Als wirtschaftlich Betroffener fällt es mir schwer, das Krisenmanagement positiv zu beurteilen. Es haben zu viele Punkte nicht oder nur unzureichend funktioniert: die Maskenbeschaffung, die Corona-Soforthilfen, die Impfstrategie, die Schnelltests und vieles mehr. Das ist für den Anspruch, den ein Land wie Deutschland haben sollte, absolut ungenügend.
Die hohe Entschädigung für die Umsatzausfälle im November und Dezember hat der Gastronomie geholfen. Leider kam sie für viele Betriebe zu spät und bei einer Gesamtschließung von sechs Monaten relativiert sich die Höhe deutlich. Was mich sehr umtreibt, ist die Tatsache, dass immer sichtbarer wird: einige Branchen tragen die wirtschaftliche Last dieser gesamtgesellschaftlichen Notlage fast alleine. Viele Menschen verlieren ihre Existenzen, Lebensträume, Wohlstand, Altersvorsorge – während andere praktisch unbetroffen durch diese Krise gehen. Dies kann zu einer enormen gesellschaftlichen Spaltung führen. Unter einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe verstehe
ich etwas anderes.
Wie bereitet ihr euch auf die Rheinstein-Saison 2021 vor, mit den weiterhin bestehenden Corona-Unsicherheiten?
In den letzten Wochen haben meine Eltern, Cora und ich wie jeden Winter an der Pflege und Unterhaltung der Burg gearbeitet. Wir haben für die neue Saison investiert in der Hoffnung, dass es bald besser wird und wir alle einen schönen Frühling und einen tollen Sommer erleben dürfen. Ich informiere mich ständig über die Corona-Entwicklungen, denn wir wollen unser Burgrestaurant „Kleiner Weinprinz“ so schnell wie möglich öffnen. Immerhin ist das Burgmuseum seit dem 13. März wieder zugänglich, mein Vater hat die neuen Corona-Auflagen dafür sehr kurzfristig umgesetzt. Viele Gäste möchten ihren Burgbesuch mit einem leckeren Essen entspannt ausklingen lassen, aber derzeit können wir nur kleine To-Go-Gerichte anbieten. Wir haben auch viele Anfragen für Hochzeitsfeiern, da wäre mehr Planungssicherheit für alle Seiten wichtig.
Trotz der negativen Erfahrungen im letzten Jahr hast du dich für die Bewirtschaftung der Burg Sooneck beworben. Was fasziniert dich eigentlich an den Rheinburgen?
Für mich hat jede Burg und jede Burgruine etwas Besonderes, Einzigartiges. Burgen sind das Aushängeschild unseres Tals und steinerne Zeitzeugen voller Geschichte. Sie zu erhalten und gleichzeitig wirtschaftlich zu nutzen, ist eine spannende Herausforderung. Als ich in unseren Familienbetrieb eingestiegen bin und wir den Bau des Burgrestaurants geplant haben, sagte ein Wirtschaftsberater zu mir: “Verkaufen Sie die Burg und kaufen sich ein nettes Hotel garni. Die Aufgabe ist leichter und der Ertrag besser.“ Wahrscheinlich hatte er recht, aber unsere Aufgabe ist wesentlich interessanter und man hat das gute Gefühl, mit dem Erhalt eines Kulturguts auch etwas für die Gesellschaft und die nachkommenden Generationen zu tun.
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Sooneck war in den letzten Jahren ja eher im Dornröschenschlaf und 2020 komplett geschlossen. Wie willst du die Burg wieder aufwecken?
Eigentlich müsstest du dazu meine Frau fragen. Sie ist die Pächterin und ich muss ihren Anweisungen folgen. Spaß beiseite. Die Burg musste leider aufgrund der Corona- Pandemie im letzten Jahr geschlossen bleiben und konnte auch keinen Burgenblogger mehr beherbergen. Das wird in diesem Jahr hoffentlich alles wieder möglich sein. Burg Sooneck bleibt natürlich weiter im Eigentum des Landes Rheinland-Pfalz und mit der Generaldirektion Kulturelles Erbe haben wir einen tollen Partner an unserer Seite. Wir möchten auf Sooneck neue Ideen entwickeln und umsetzen, ein Schwerpunkt werden Angebote für Kinder sein. Der Rundgang durch die Räumlichkeiten und die Geschichte der Burg werden den kleinen Entdeckern in Form einer Schatzsuche vermittelt, am Ende erwartet sie dann eine Belohnung aus der Schatzkiste. Unsere kleinen Besucher können auch ihren Kindergeburtstag auf der Burg feiern. Wir planen die Wiedereröffnung zum 1. Mai und werden auf der Website burg-sooneck.com in den nächsten Wochen mehr dazu verraten.
Warum sollten Menschen zweimal eine Hecher-geführte Rheinburg besuchen? Nimmt Burg Sooneck nicht Kundschaft von Burg Rheinstein weg?
Weil es bei uns einfach schön ist! Wir sehen hier keine Konkurrenz, sondern die Möglichkeit durch zufriedene Gäste auf der jeweiligen Burg für die andere zu werben. Dazu wird es auch ein sehr attraktives Kombiticket geben. Unsere Erfahrungen auf Rheinstein können wir dabei auch auf Sooneck nutzen. Als Burgfamilie, die auf ihrer eigenen Burg lebt und arbeitet, damit die Burg erhält und ihren Lebensunterhalt erwirtschaftet, sind wir besonders gefordert. Ich glaube, damit sind wir einzigartig im Mittelrheintal, denn fast alle anderen Burgen sind im Besitz des Landes oder von Stiftungen oder großen Unternehmen. Diese Burgen haben meist mehr finanzielle Möglichkeiten als wir. Mit dem zweiten Betrieb können wir unsere Wirtschaftlichkeit und damit auch den Erhalt der Rheinstein sichern.
Worauf freust du dich ganz besonders in diesem Jahr?
Viel Arbeit und am Ende unserer Saison auf einen schönen Urlaub mit meiner Familie.
Marie-Luise-Krompholz hat während der Pandemie noch weitere Macherinnen und Macher am Mittelrhein interviewt. Bisher erschienen:
- Carl Woog über ehrenamtliches Engagement in Bingerbrück
- Heike Tharun über Wandern und Selbsterfahrung am Mittelrhein
- Schwester Philipp Rath über ihr Kloster und die Corona-Krise
- Thomas Feser über die Binger Verwaltung in der Pandemie
- Sarah Piller über Kulturmanagement am Mittelrhein
- Elke und Janine Bolland über die Zukunft des Günderodehauses
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2 Gedanken zu „Die Neuen auf Burg Sooneck und das erste Interview“
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