Redaktion

Ein turmhohes Problem

Wellmich mit Burg Maus. Foto: Creative Commons / Johannes Robalatoff. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wellmich-JR-G6-4797-2010-08-10.jpg

Ein SWR-Bericht macht deutlich, was so mancher baubegeisterte Regionalpolitiker gerne unter den Tisch kehrt: Die Mittelrheinbrücke zwischen St. Goarshausen und St. Goar wird nicht annähernd so aussehen, wie der jahrzehntelang herumgereichte Architektur-Entwurf vortäuscht. Sie wird viel größer, höher und teurer. Schon in den 2021 veröffentlichten Unterlagen zum Raumordnungsverfahren ist von 27 Metern mittlerer Höhe die Rede. Das entspricht laut SWR ungefähr dem Kirchturm von Wellmich. Es kann auch nicht anders sein, weil Frachtschiffe mit bis zu 4 Container-Etagen auch bei höherem Wasserstand passieren müssen. Das hat nicht nur Folgen für das Landschaftsbild, z. B. für den Blick auf Burg Maus und Wellmich. Unklar ist auch, wie lang die Rampen zur Auf- und Abfahrt sein müssen. Am Wellmicher Ufer etwa liegt die Bundesstraße gut 21 Meter unterhalb des geplanten höchsten Brückenpunktes. Die Unesco hat den Bau nie ausgeschlossen, aber wie sie mit dem Szenario einer Großstadtbrücke mitten im Tal umgeht, ist offen. RLP-Innenminister Michael Ebling gibt sich im SWR-Interview entspannt und optimistisch. Das kann das auch sein, denn er hat mit dem Problem nichts mehr zu tun. Sein Ministerium hat das Raumordnungsverfahren abgeschlossen, damit ist der Fall für Ebling erledigt. Die eigentliche Planung ist Aufgabe von Wirtschafts- und Verkehrsministerin Daniela Schmitt, die im TV-Beitrag entsprechend schmallippig daherkommt. Laut SWR ist „nicht abzusehen, wann, wie und ob die Mittelrheinbrücke jemals gebaut werden wird.“ SWR (mit Video)
Foto: Johannes Robalatoff / Creative Commons

Der neue Mann für Rüdesheim

Jörg Kirschenbauer ist seit Oktober Vorstand der Rüdesheim Tourist AG („Rüd AG“) und damit für ein kompliziertes Konstrukt zuständig. Anders als die meisten anderen Mittelrhein-Kommunen hat Rüdesheim die Tourismusförderung privatisiert und zuletzt auch nicht aufgeteilt: Die „Rüd AG“ kümmert sich nur noch um Tourist-Info und Gruppenreisen vor Ort, während das Marketing auf die kreisweite „Rheingau-Taunus Kultur und Tourismus GmbH übergegangen ist. (Man muss in Rüdesheim nicht alles verstehen). Kirschenbauer könnte sich die Arbeitsteilung auch anders vorstellen, deutet der „Wiesbadener Kurier“ an, aber der frühere Thomas-Cook-Manager versucht, das Beste aus der Situation zu machen. Wachstumschancen sieht er u. a. im Event-Geschäft und beim Wander-Tourismus. Wiesbadener Kurier (€), Stadt Rüdesheim (über die RüdAG)

2025 ist auch noch ein Jahr

Die Sanierung des Bopparder Karmelitergebäudes zieht sich noch länger hin als gedacht. Laut „RZ“ kann die Stadtverwaltung auch in diesem Jahr nicht einziehen. Man habe „zu ambitioniert geplant“, heißt es. Eine der Gründe für die Verzögerung ist der milde Herbst 2023. Damals hätten Fledermäuse eine Baustelle im Dachgeschoss länger als gedacht blockiert und damit den Zeitplan durcheinander gebracht. Jetzt wird der Februar 2025 angepeilt. Die Gesamtkosten sind noch nicht klar. Die zuletzt genannten 18,8 Millionen Euro gelten als unrealistisch. Die historische Immobilie ist der eigentliche Sitz der Bopparder Verwaltung. 2017 hatte der damalige Bürgermeister Walter Bersch erklärt: „Im Sommer 2019 wollen wir das dann hoffentlich mit großem Erfolg sanierte Karmelitergebäude wieder beziehen.“ Rhein-Zeitung (€), Rhein-Zeitung (€, O-Ton Bersch 2017)

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1 Gedanke zu „Ein turmhohes Problem“

  1. Eine turmhohe Chance – ist sie überhaupt groß genug (als Chance)?

    Wer kehrt denn irgendetwas unter den Tisch?
    Dass der uralte Entwurf so nicht umgesetzt wird, versteht sich von selbst, insbesondere, da es ein jüngeres Raumordnungsverfahren gibt. Dass sich dadurch auch die Dimensionen verändern ist auch klar. Und, dass über einen Zeitraum von Jahrzehnten, in dem verschiedene Planungsansätze verfolgt wurden, Kostenschätzungen aktualisiert werden müssen, ebenso.

    Was soll dieses Unken des Reporters bezüglich der Unesco?
    Die Unesco hat bisher meines Wissens kein klares Ja oder Nein, sondern ein Kommt-drauf-an verlautbaren lassen in der Frage, ob eine Brücke welterbeverträglich sein kann. Falls dem SWR dazu neuere Informationen oder pauschale Vetogründe mitgeteilt worden wären, wären sie sicherlich im Beitragsschnipsel enthalten. Außerdem kann der Verlust des Welterbestatus‘ auch akzeptiert werden, wenn man mit einer Brücke eine bessere Vision für die Zukunft der Region verbindet. Das ist eine politische Entscheidung und die Meinung der Bevölkerung dazu ist auch nicht in Stein gemeißelt.

    Fragestellungen wie etwa die Anrampung sind für mich rein technische, die politisch nicht geklärt werden müssen. Es wird Ingenieure geben, die eine Brücke konstruieren können, die die erforderten Parameter an der entsprechenden Stelle erfüllt.

    Dem SWR stimme ich allerdings zu in der Einschätzung, dass fraglich ist, ob überhaupt eine Brücke gebaut wird. Seit vielen Jahrzehnten wird schon darüber gesprochen, ihre wirtschaftliche Notwendigkeit für eine angemessene Verbindung dessen, was zusammen gehört in vielen Iterationen durchdiskutiert und ich persönlich bin mir sicher: Sollte kein gesellschaftlicher Konsens zur Entwicklung der Region, mit Bürgereinbindung, Zukunftswerkstatt und allem Pipapo stattfinden, wird niemand, der heute hier lebt, die Brücke je erleben.
    Es ist komplexer als nur eine Frage der Turmhöhe, es ist eine Frage der Chancen, eine Weichenstellung über den Lebenszeitraum einer Brücke hinaus.

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