Frank Zimmer

„Fritz Bastian hat mich bis heute geprägt“

Eines der beliebtesten Gesprächsthemen am Mittelrhein ist die regionale Gastronomie. Ein Dortmunder kann nicht leidenschaftlicher über die Fußball-Bundesliga fachsimpeln als ein Mittelrheiner über Speisekarten, Weinpreise und Wirte. Aber wie sieht das ein auswärtiger Gast und Profi? Volker Zimmermann aus Düsseldorf ist selbst Gastronom und besucht seit 40 Jahren das Obere Mittelrheintal. Ein Gespräch über gastronomische Tiefpunkte, viele Lichtblicke und den vielleicht besten Mittelrhein-Wirt aller Zeiten.

Volker, Du bist in Simmern geboren, im Ruhrgebiet aufgewachsen und Du lebst seit vielen Jahren in Düsseldorf. Trotzdem zieht es Dich immer wieder ins Obere Mittelrheintal. Warum?

Ich weiß noch, wie das anfing. Und mit wem. Mit 26 hatte ich nach einer Buchhandelslehre die Leidenschaft für Gastronomie entdeckt und schon den Beruf gewechselt. Ostern 1978 habe ich einen Ausflug an den Rhein gemacht. Am ersten Abend landete ich in Bacharach, bei Fritz Bastian. Das hat mich bis heute geprägt.

Fritz Bastian gehörte das gleichnamige Weingut, das heute von seinem Sohn Friedrich geführt wird. Und er bewirtschaftete den „Grünen Baum“ in Bacharach. Was hat Dich bei Bastians beeindruckt?

Die Küche, die Atmosphäre und vor allem der Fritz selbst – ein guter Gastgeber, ein Philosoph und Geschichtenerzähler, der nicht nur Wissen über Wein vermitteln konnte. Für mich gab es viele Jahre lang nur Fritz Bastian. Dass ich heute in Düsseldorf in einem Restaurant arbeite, das auf deutschen Wein spezialisiert ist, geht auf die Abende in seinem Weingut zurück. Bis Mitte der 90er Jahre war ich zu Ostern immer in Bacharach.

Und dann?

Irgendwann wurde es immer schwieriger, ein anständiges Hotel am Mittelrhein zu finden. Ich musste ja irgendwo übernachten.

Wo war das Problem?

Man merkte überall den Renovierungsstau. In den Gasträumen, in den Zimmern und vor allem in den Bädern. Auch die Küche und der Service wurden immer gruseliger. Zum Frühstück Aufbackbrötchen und Teebeutel vom Discounter, mittags Schnitzel mit Pommes. Das war meilenweit vom Niveau der Weinstube Bastian entfernt. Schade, dass es da keine Fremdenzimmer gab.

Was hast du dann gemacht?

Zum Glück besteht der Mittelrhein nicht nur aus Gastronomie. Die Burgen haben ich schon immer geliebt, ich war fast in jeder. Auch die Kirchen in Boppard, St. Goar, Oberwesel, Lorch und Bacharach sind wunderschön. Und dann habe ich irgendwann die Höhenorte und die Seitentäler entdeckt. Zum Beispiel das Oberheimbacher Weinbergsschlösschen, den Eisernen Ritter in Boppard-Weiler und das Landhotel Blücher in Dörscheid. Alle bieten schöne moderne Zimmer und gute Küche mit regionalen Zutaten. Was ich auch sehr mag: Das Günderodehaus. Obwohl ich den Eindruck habe, dass viele Einheimischen da nicht hingehen. Verstehe ich nicht, denn es ist hervorragend.

Stimmt. Das Günderodehaus ist ein echte Bereicherung. Warum tun sich viele Gastronomen immer noch so schwer, auf so ein Niveau zu kommen? Fehlt es an Geld, an Mut oder an Geschmack?

An allem. Oft an Nachfolgern, oft an guten Köchen, weil es keine Familien mehr gibt, wo der Vater hinter der Theke und die Mutter am Herd steht. Was übrigens spektakulär ist: Die Gastronomie am Niederwalddenkmal. Die können es einfach. Weihnachten mit Almhütte: Perfekt.

Welchen Rat würdest Du einem jungen Gastronomen geben, der einen älteren Betrieb am Mittelrhein übernimmt?

Sich die Gastronomie in den Höhenorten ansehen  und davon lernen. Von der Bahn Geld für dreifach verglaste Fenster verlangen. Fördergelder wegen der Buga 2030 einsammeln und sich mit der Politik gut stellen. Vor allem aber: Nur dann anfangen, wenn man selbst oder der Partner kochen kann.

Vielen Dank, Volker.

Eine Bitte an Deine Leser hätte ich noch.

Was für eine?

Ich habe viele schöne Abende bei Fritz Bastian im Grünen Baum verbracht. Aber vor der Smartphone-Zeit. Darum habe ich kein einziges Foto vom „Alten Fritz“.  Wenn jemand noch eins hat und ins Internet stellen könnte, würde mich das freuen.


Gastro-Profi und Mittelrhein-Fan seit 1978: Volker Zimmermann.
Gastro-Profi und Mittelrhein-Fan seit 1978: Volker Zimmermann.

11 Mittelrhein-Tipps von Volker Zimmermann

(in alphabetischer Reihenfolge, z.T. noch in der Winterpause, Schönburg, Schloss Rheinfels und Bellevue nicht eingerechnet, weil sowieso klar)

Alter Posthof, Spay

Altes Haus, Bacharach („Besonderer Tip. Ein Kleinod. Gerade frisch restauriert von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz“)

Landgasthaus Blücher, Dörscheid

Eiserner Ritter, Boppard-Weiler

Günderodehaus, Oberwesel

Historische Weinwirtschaft,  Oberwesel

Maria Ruh, Urbar bei Oberwesel („guter Kaffee, guter Kuchen, guter Service“)

Am Niederwald, Rüdesheim

Rheinhotel, Bacharach („Direkt an der Bahn, aber trotzdem schön“)

Weinberg-Schlösschen, Oberheimbach

Weinhaus Weiler („Bürgerlich gut“)


Mittelrhein-Termine am Sonntag

Bingen – Rundwanderung mit Welterbe-Botschafter Wolfgang Blum – u.a. durch die neu gestaltete Kreuzbachklamm – 25. Februar, 10 Uhr 45, Bingen.de

Auf dem Rhein bei Bingen und Rüdesheim – Naturexkursion per Schiff – 25. Februar, 9 Uhr 15 (Bingen) und 9 Uhr 30 (Rüdesheim), Rössler-Linie

Boppard – „Himmlische Nacht der Tenöre“ – 25. Februar, 18 Uhr. boppard-stadthalle.de

Mehr Termine bei Mittelrheingold

Foto des Tages: Burg Stahleck über Bacharach

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