Philipp Loringhoven, 33, war der jüngste und unkonventionellste Bewerber bei der Bopparder Bürgermeisterwahl. Der Vertriebsmanager, Stadtrat und frühere CDU-Mann trat ohne Partei im Rücken an und holte fast ein Viertel der Stimmen. Für die Stichwahl am kommenden Sonntag reichte es trotzdem nicht. Im Finale treffen Boppards SPD-Ortsvorsteher Niko Neuser, 42, und der Westerwälder Strafverteidiger Jörg Haseneier, 53, als Kandidat des CDU-Establishments aufeinander. Eine Wahlempfehlung gibt Loringhoven nicht ab, aber er hat etwas auf dem Herzen: Boppard muss digitaler werden. Dringend. Ein Gespräch über Versäumnisse der Vergangenheit und Chancen für die Zukunft.
Philipp, am Sonntag wählt Boppard den neuen Bürgermeister. Wen wählst du?
Das werde ich auch dir nicht verraten. weil ich die Stichwahl nicht beeinflussen möchte und darum auch keine Wahlempfehlung abgebe.
Eines deiner großen Wahlkampf-Themen war die Digitalisierung. Wer hat da die Nase vorn – Jörg Haseneier oder Niko Neuser?
Aus meiner Sicht ist da keiner der beiden Kandidaten gut aufgestellt. Leider! Der eine Kandidat hält es schon für Digitalisierung, wenn Glasfaserkabel verlegt werden.
Du meinst Jörg Haseneier.
Das kann ja jeder nachlesen. Die Forderung nach Glasfaserkabeln ist so simpel und selbstverständlich, dass man über so etwas gar nicht mehr reden muss. In Boppard tut sich da auch schon was. Der Kreis unterstützt, davon profitiert zum Beispiel das Mühltal. Aber Digitalisierung ist mehr als Kabel zu verlegen. Es geht um Chancen und Lösungen für die Menschen und die Betriebe in Boppard, auch für die Verwaltung. Das Verständnis dafür fehlt mir bei beiden Kandidaten. Der eine reduziert Digitalisierung auf Kabel und der andere fürchtet die Digitalisierung.
Du meinst Niko Neuser.
Auch da kann sich jeder selbst sein Urteil bilden. Es gibt die Angst, dass Digitalisierung Arbeitsplätze kostet. Aber Angst ist immer ein schlechter Ratgeber. Angst muss nur der haben, der immer Probleme und nie Lösungen sieht. Die Digitalisierung kommt sowieso. Darum ist es besser, sie zu gestalten als sich gestalten zu lassen.
Du hast eine Boppard-App vorgeschlagen. Warum nur für Boppard?
Ich habe 2 Apps vorgeschlagen. Eine für bürgernahe Verwaltungsleistungen und eine Plattform für das Leben in der Stadt, mit Freizeit-, Tourismus- und Kulturangeboten, digitalem Ticketing inklusive.
So etwas regeln andere Kommunen über eine attraktive Website, die auch auf dem Smartphone funktioniert.
Leider hat Boppard das nicht. Unsere Website ist eine Katastrophe. Von 100 digitalen Möglichkeiten nutzen wir momentan 10. Und von diesen 10 Möglichkeiten sind null richtig gut umgesetzt.
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