Frank Zimmer

„In Boppard verändert sich gerade etwas“

Beton statt Bäume: Die Umgestaltung von Teilen der Bopparder Rheinanlagen zum „Mehrgenerationenpark“ mit Skateranlage spaltet die Stadt. Nicht nur Anwohner schlagen Alarm. Denkmalfreunde und Heimat-Historiker fordern ein umfassendes Konzept für das gesamte Areal, ehe die ersten Bagger Tatsachen schaffen. Rainer Lahme vom Bopparder Geschichtsverein erklärt, warum. 5 Fragen an den den Mann, der Boppards grünes Wohnzimmer retten will. 

Rainer Lahme ist Vorsitzender des Bopparder Geschichtsvereins. Foto: Kent Michaelis.

Die Stadt Boppard will die Rheinanlagen neu gestalten und plant u. a. eine Skateranlage. Was hast du dagegen?

Gegen eine Skateranlage und ein Angebot für die Jugendlichen in Boppard habe ich überhaupt nichts. Mein Vorbehalt richtet sich gegen den Standort der Anlage inmitten einer Parklandschaft, gegen die beabsichtigte Fällung von jahrzehntealten Bäumen, gegen eine weitere Versiegelung des Bodens am Rhein und gegen die geplante Lärmschutzmauer und die damit verbundene Zerstörung von Blickachsen. Es ist für mich auch schwer vorstellbar, wie man die Idee eines Mehrgenerationenparks erfolgreich umsetzen will, wenn der unabwendbare Lärm eines Skaterparks auf das Ruhebedürfnis der älteren Generation trifft, die vielleicht sogar einem Konzert lauschen möchte. Da sind Konflikte vorprogrammiert. Kurzum: ein Betonbauwerk mit einem hohen Lärmpegel ist in einer Parkanlage ein totaler Fremdkörper und gehört an einen anderen Ort. Der Geschichtsverein ist nicht gegen das Projekt eines Mehrgenerationenparks an sich – er tritt ganz im Gegenteil für die Weiterentwicklung der bedeutenden Rheinanlagen zu einem Welterbe-Garten ein.

Der Bopparder Geschichtsverein, dessen Vorsitzender du bist, hat sich öffentlich gegen die Neugestaltung ausgesprochen. Wer unterstützt euch noch?

Allein kann ein Vorsitzender wenig bewirken. Auf dem Bild in den Rheinanlagen müssten daher viele Gesichter vertreten sein. Innerhalb des Vereins ist es ein Kreis von Mitgliedern, die gemeinsam das Ziel verfolgen, das kulturelle Erbe unserer Stadt zu bewahren. Als Historiker oder Kunsthistoriker richtet man den Blick naturgemäß häufig in die Vergangenheit, das bringt der Job so mit sich. Vielleicht entwickelt man damit einen stärker sensibilisierten Blick für das historische und kulturelle Erbe, lernt es zu schätzen und kann ermessen, was ein Verlust bedeutet. Der Mensch lebt nicht allein im Jetzt und Hier, er braucht Orte der Identität und der Vertrautheit, um Orientierung gerade in der Moderne zu finden.

Unterstützt werden wir von all den Bürgern, die sich innerhalb weniger Tage in die Unterschriftenliste der Organisatoren eines Einwohner-Antrags eingetragen haben. Hier verändert sich gerade etwas in Boppard: viele Bürger, die sich bisher eher abwartend verhalten haben, signalisieren uns nun ihre Unterstützung. Dies soll nicht leugnen, dass es uns mitunter schwerfällt, unsere Ansichten auch in die politischen Gremien der Stadt zu tragen. Das Verhältnis zum Wert der Kultur und ihrer Bedeutung ist in der Öffentlichkeit sehr unterschiedlich ausgeprägt. In einer Zeit mit einem extremen Individualismus geht jeder seinen eigenen Weg, ist es kaum mehr möglich, sich auf die Gesellschaft verbindende Werte zu verständigen.

Äußerst dankbar sind wir für die Unterstützung des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz. Es ist immer gut, wenn Fachleute von außen einen unverstellten Blick auf eine Stadt werfen und deren Potential benennen. Zudem besitzt dieser Verein eine Expertise und Erfahrung, von der wir nur profitieren können.

Für die Denkmalschützer des Landes Rheinland-Pfalz scheinen die Bopparder Rheinanlagen nichts Besonderes zu sein, sie betrachten sich als nicht zuständig. Welche Möglichkeiten bleiben euch?

Die Landesdenkmalpflege hat den Blick vielleicht etwas einseitig nur in die Vergangenheit gerichtet und ist zu dem Urteil gekommen, dass an der Rheinallee bereits zu viele bedenkliche Eingriffe stattgefunden hätten. Wir sind dagegen der Auffassung, dass gerade auch im Vergleich zu den Rheinanlagen in Bingen und Bacharach besonders in den Georg-Francke-Anlagen sehr viel Substanz vorhanden ist. Dieser Park besteht mit Höhen und Tiefen seit über 100 Jahren, mit prächtigen und seltenen Bäumen. Der Rheinische Verein sieht in den Anlagen eine einzigartige Qualität und das Potential für einen Welterbe-Garten, der bis zur Buga 2029 weiter entwickelt werden kann und spricht in seiner Stellungnahme von einem kultur- und gartenhistorischen Erbe von besonderer gestalterischer Qualität. Dafür wollen wir nun auch die Öffentlichkeit gewinnen, d.h. mit einem starken Partner den Wert der Rheinanlagen in Boppard vermitteln und mit guten Argumenten für eine denkmalverträgliche Weiterentwicklung werben.

Die Stadt argumentiert, dass sie bereits Aufträge vergeben hat und den Beschluss faktisch nicht mehr revidieren kann. Warum habt ihr nicht früher protestiert?

Die Informationspolitik der Stadt war sehr zurückhaltend. Persönlich habe ich die Gefährdung der Rheinanlagen sehr spät erkannt. Als Mitglied der LAG-Mittelrhein habe ich im Jahr 2016 ohne Bedenken für den Projektantrag der Stadt gestimmt. In diesem ursprünglichen Projektantrag war von einem Skaterpark, wie wir ihn jetzt diskutieren, noch nicht die Rede, auch nicht von einer Mauer von 3,50 m mal 30 m, auch nicht von eventuell notwendig werdenden Baumfällungen.

Von den veränderten Planungen habe ich erstmals durch einen Beitrag der Fraktion der Grünen im Bopparder Stadtrat am 15. Mai 2020 aus der Presse erfahren. Erst in diesem Moment ist für mich persönlich – vielleicht zu spät – erkennbar geworden, dass mit dem 2016 auf das Gleis gestellten Projekt auf dem Weg durch die Gremien etwas gründlich schiefgelaufen war. Seitdem haben wir uns als Geschichtsverein intensiv in dieser Frage und für unsere Ideen für eine behutsame Weiterentwicklungen dieses kulturellen Erbes engagiert. Die derzeitig geführte Diskussion in Boppard zeigt, dass unsere Argumente durchaus auf ein positives Echo stoßen.

Wäre ein Kompromiss möglich? 

Selbstverständlich. Doch für einen Kompromiss braucht man Partner, die dies auch wollen und keine Fakten schaffen, um genau diesen Kompromiss unmöglich zu machen.

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2 Gedanken zu „„In Boppard verändert sich gerade etwas““

  1. Es ist wirklich Schade in den etwas in die Jahre gekommen Park in Boppard, der viel Potential hat, jetzt so eine Betoninstallation zu hauen. Er endet eh schon so unglücklich vor dieser unschönen Turnhalle. Ich kann den Geschichtsverein und die Gegner absolut verstehen.

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