Wenn man sich das Welterbetal als Staat vorstellt, heißt der Präsident Frank Puchtler. Als Vorsteher des Zweckverbandes Welterbe Oberes Mittelrheintal ist er Repräsentant und Klassensprecher aller Kommunen und Kreise zwischen Koblenz und Rüdesheim. Bei der Steuerung der Bundesgartenschau 2029 spielt Puchtler eine wichtige Rolle, denn der Zweckverband hält die Mehrheit an der Buga-GmbH. Der gelernte Banker war 13 Jahre lang Mitglied des rheinland-pfälzischen Landtages. Seit 2014 ist er Landrat des Rhein-Lahn-Kreises und damit auch im Verwaltungsalltag mit der Loreley und ihrer Umgebung befasst. Im Interview spricht er u. a. über das umstrittene Loreley-Hotel und das, was das Tal jetzt braucht.
Frank, wann hast du zuletzt am Mittelrhein in einem Lokal gesessen?
Das war Ende Oktober kurz vor dem Lockdown.
Die Corona-Krise wirft Gastronomie und Einzelhandel im Welterbetal zurück. Wie schätzt der gelernter Banker Frank Puchtler den wirtschaftlichen Schaden ein?
Extrem. Die Hilfe vom Bund ist dauerhaft notwendig. Unser Kreis begleitet über unsere Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft mit Beratung und Investitionszuschüssen.
Was macht dir Hoffnung?
Die Impfungen sind ein Licht am Ende eines langen, sehr langen Tunnels. Und unsere Bürgerinnen und Bürger bringen sich mit hohem Engagement und viel Verständnis für die Lage ein. Sie zeigen Haltung, Mut und Zuversicht.
In Medien und sozialen Netzwerken gibt es unterschiedliche Meinungen zum Bau des Loreley-Hotels. Die Entscheidung liegt jetzt beim Kreis. Wird der Bau genehmigt?
Zurzeit läuft das erforderliche Baugenehmigungsverfahren bei der Unteren Bauaufsichtsbehörde, also bei der Kreisverwaltung. Zu dem Antrag wurden elf betroffene Fachbehörden um Abgabe ihrer Stellungnahmen gebeten, Das Thema „Unesco Welterbegebiet“ spielt dabei eine zentrale Rolle. Dazu wurde die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord um Stellungnahme gebeten. Die SGD Nord steht in engem Kontakt mit dem Sekretariat für das Welterbe in Rheinland-Pfalz, das beim Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur angesiedelt ist. Vom Sekretariat erwarten wir eine Bewertung, die die Meinung von Unesco und der internationalen Denkmalpflegeorganisation Icomos berücksichtigt. Bisher liegt uns von der Unesco noch keine Stellungnahme vor. Für die Untere Bauaufsichtsbehörde sind die baurechtlichen Vorgaben aus dem Bebauungsplan als Grundlage anzuwenden. Erst nach Vorlage der Stellungnahmen der Fachbehörden kann eine Bewertung vorgenommen werden. Auf Basis der Stellungnahmen erfolgt dann eine Entscheidung über den Bauantrag im Rahmen der Landesbauordnung und der baurechtlichen Vorschriften durch die Untere Bauaufsichtsbehörde.
Kritiker des „Slow-Down-Loreley“-Projektes befürchten, dass die Orte im Tal unter die Räder kommen, wenn sich der Tourismus auf die Höhen verlagert. Was kann man gegen Leerstand in den alten Ortskernen tun?
Tal- und Höhengemeinden müssen sich gemeinsam weiterentwickeln. Mit gezielten Förderprogrammen für öffentliche und private Investitionen in Modernisierung und Digitalisierung und aktivem Immobilienmanagement gilt es, nach vorne zu kommen.
In Oberwesel hat die Stadtverwaltung leerstehende Läden, Hotels und Häuser besonders im Blick und hilft bei der Vermarktung. Gibt es ein zentrales Leerstandskataster für das ganze Tal?
Nein, ein zentrales Leerstandskataster für das gesamte Tal gibt es nicht. Der Rhein-Lahn-Kreis arbeitet flächendeckend mit der Plattform für Immobilienmanagement „KIP“. Jede Verbandsgemeinde und auch die Mittelzentren im Kreis haben eine eigene KIP-Seite – die darauf eingestellten Angebote werden auf Kreisebene aggregiert, so dass man unter rhein-lahn-kreis.kip.net die verfügbaren Bauplätze, Gewerbeflächen, freie Gebäude und Mietimmobilien finden kann.
Als Vorsteher des Welterbe-Zweckverbandes bist du auch für die Buga-GmbH zuständig. Ihr fehlt noch eine Geschäftsstelle im Tal. Welcher Ort würde am besten passen?
Wir freuen uns über eine Geschäftsstelle im Welterbegebiet.
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1 Gedanke zu „„Tal- und Höhengemeinden müssen sich gemeinsam weiterentwickeln““
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