Frank Zimmer

Die Managerin für morgen: 7 Fragen an Nicole Steingaß

Nicole Steingaß ist Spitzenbeamtin mit Mittelrhein-Mission. Die Staatssekretärin im rheinland-pfälzischen Innenministerium koordiniert als Buga-Beauftragte der Landesregierung die Aktivitäten rund um die Bundesgartenschau 2029. Im Interview mit Mittelrheingold spricht sie über politische Erwartungen und persönliche Eindrücke aus dem Welterbe-Tal.

Staatsekretärin Nicole Steingaß in Bacharach.
„Immer mehr Fan der Buga 2029“: Nicole Steingaß mit Bacharachs Beigeordnetem Rainald Kauer im Sommer 2020 am Mittelrhein.

Zur Buga soll „das Obere Mittelrheintal strahlen“, hast du einmal in einem Interview gesagt. Wie nimmst du die Region momentan wahr?

Meine Eindrücke sind da ganz unterschiedlich. Die Welterbe-Kulisse ist ja alles andere als ein homogener Raum. An den Eingangstoren im Norden und im Süden beispielsweise gibt es städtische Strukturen. Die Höhenzüge im Westen profitieren von der Wirtschaftskraft entlang der A 61. Andererseits gibt es Städte und Gemeinden mit zahlreichen Leerständen oder ungenutzten historischen Gebäuden. Ich sehe im Mittelrheintal insgesamt viele Potenziale, die, wenn man sie richtig nutzt, die Region zu einer touristischen Top-Destination machen können: die einzigartige Kulturlandschaft mit 40 Burgen und Festungen, den Weinbau, Wanderwege mit spektakulären Ausblicken und wunderschöne alte Ortskerne. Es kommt jetzt auf die richtige und umfängliche Nutzung dieser Potenziale und die Ergreifung bestehender Chancen an. Dazu braucht es Ideen- und Impulsgeber und vor allem das Engagement der Menschen und Kommunen vor Ort. Und notwendig ist auch eine Weiterentwicklung, z.B. beim Immobilienmanagement und der touristischen Infrastruktur. All das, davon bin ich überzeugt, wird mit der Buga 2029 weiter vorangetrieben werden.

Das Buga-Budget umfasst 108 Millionen Euro. Das klingt nach viel Geld. Aber anders als etwa in Koblenz 2011 muss es für zahlreiche Kommunen und insgesamt über 130 Kilometer Ufer reichen. Wer entscheidet, welche Mittel wo eingesetzt werden?

Die Kommunen im Welterbe Oberes Mittelrheintal haben der Buga GmbH mitgeteilt, welche Flächen sie zur Verfügung stellen können. Anhand dieser Rückmeldung wird die Geschäftsführung einen Gesamtplan erstellen. An der Entwicklung der Ideen für diesen Gesamtplan werden die Bürgerinnen und Bürger ebenso beteiligt wie die Unesco, die ein Auge darauf haben wird, dass die geplanten Projekte auch „welterbeverträglich“ sind. Anhand ausgearbeiteter Kriterien wird es in der Folge Architekten-Wettbewerbe geben, bei denen eine Jury die Sieger auswählt. Im Investitionshaushalt stehen bis zu 50 Millionen Euro zur Verfügung, die über die Förderverfahren der Länder Rheinland-Pfalz und Hessen bereitgestellt werden. Letztlich sind von den Bürgerinnen und Bürgern über die Kommunen bis zu den Bundesländern alle am Entscheidungsprozess beteiligt. Was die Investitionen betrifft, die der Mittelrheintal insgesamt zu erwarten hat, darf man nicht vergessen, dass bei Bundesgartenschauen zu jedem öffentlich investierten Euro in der Regel private Investitionen hinzukommen.

Vorerst scheint weniger im Tal als auf den Höhen investiert zu werden. Die Loreley wird neu gestaltet, nebenan soll ein großes Hotel entstehen und in St. Goar-Werlau gibt es Pläne für ein Feriendorf. Bleiben die Orte unten im Tal auf der Strecke? 

Grundsätzlich sind alle Investitionen eine Bereicherung für die gesamte Welterbe-Region. Tal und Höhenlagen sind gleichbedeutend, profitieren voneinander und sind bei der Aufwertung der touristischen Infrastruktur aufeinander angewiesen. Das Loreley-Plateau ist ein gutes Beispiel dafür. Es lag über Jahrzehnte in einem Dornröschenschlaf. Heute ist die Loreley wieder in einem Top-Zustand. Gebäude der Nachkriegszeit und ein großer asphaltierter Parkplatz sind abgerissen und renaturiert. Dort, wo Beton und Asphalt waren, gibt es jetzt einen wunderschönen Park. Die berühmte Freilichtbühne ist wieder eine Top-Location für internationale Bands und direkt nebenan gibt es ein gutes Restaurant. Ein Hotel soll in den nächsten Jahren ebenfalls hinzukommen. Aber die Loreley steht ja nicht nur für sich, die Loreleystadt St. Goarshausen im Tal oder die Loreleygemeinde Bornich auf der Höhe. Sie ist und bleibt ein Anziehungsort für Touristen am gesamten Mittelrhei

Buga und Welterbe-Status sind 2 Seiten derselben Medaille. Befürchtest du bei besonders ambitionierten Bauvorhaben Konflikte mit der Unesco?

Wie bereits erwähnt ist die Unesco an den Planungen beteiligt, um die „Welterbeverträglichkeit“ der Projekte stets im Blick zu haben. Das Buga-Projekt – wie auch bereits die Gartenschauen in Bingen und Koblenz – sind genau das, was mit dem völkerrechtlichen Vertrag zum Welterbe gewünscht ist: eine integrierte, abgestimmte Planung und Umsetzung aus einem Guss. Es geht um eine Weiterentwicklung der Kulturlandschaft und eine Veränderung hin zu einer lebenswerten, naturnahen und ressourcen-bewussten Region. Seit der Welterbe-Anerkennung hat es gute und wichtige Einzelprojekte gegeben. In den kommenden Jahren wird es eine umfassende Verbesserung an vielen Stellen im Welterbe geben können.

Wann rechnest du mit der Mittelrheinbrücke? 

Was die Planungen zur Mittelrheinbrücke angeht, liegen wir im Zeitplan. Der nächste wichtige Meilenstein wird die formelle Einleitung des Raumordnungsverfahrens sein, mit der wir Anfang 2021 rechnen.

Im kommenden Jahr nimmt die Buga-Gesellschaft ihre Arbeit auf. An welchem Ort sollte sie angesiedelt werden?

Über die zukünftige Geschäftsstelle wird die Buga-Gesellschaft entscheiden. Da halte ich mich als Beauftragte der Landesregierung mit Ratschlägen zurück.

Du  stammst aus Grünstadt in der Pfalz. Erinnerst du dich noch an deinen ersten Besuch im Mittelrheintal?

Ich erinnere mich noch konkret an Fahrten mit der Seilbahn zum Niederwalddenkmal und an die eine oder andere Schifffahrt auf dem Rhein. Später kamen Konzertbesuche auf der Loreley-Bühne hinzu. Und ich war natürlich zu Gast bei der Landesgartenschau in Bingen und der Buga in Koblenz. Damals hätte ich nie gedacht, dass ich einmal Beauftragte der Landesregierung für eine Buga werde. Ich muss gestehen, dass ich immer mehr zum Fan der Buga 2029 werde. Es ist unglaublich spannend zu sehen, wie sich dieses Großprojekt Schritt für Schritt aus vielen großen und kleinen Puzzleteilen zusammenfügt. Ich freue mich auf das was vor uns liegt und ich hoffe, dass sich noch viel mehr Menschen in den nächsten Monaten und Jahren für die Buga begeistern werden.

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