Frank Zimmer

„Irgendwann muss man doch zur Kenntnis nehmen, dass etwas nicht funktioniert“

Wer die Debatte über die Mittelrheinbrücke zwischen Wellmich und Fellen anstrengend findet, kennt die Brückendiskussion in Rüdesheim nicht.  Dort verhandeln Kommunalpolitiker mittlerweile in einer Art Parallelwelt. Was bisher geschah: Eine Machbarkeitsstudie hatte ergeben, dass eine weitere Autobrücke zwischen Bingern und Rüdesheim unrealistisch ist. Der Eingriff in die Natur der Rheinauen wäre zu krass, um vor irgend einem deutschen Verwaltungsgericht bestehen zu können. In Bingen fordert selbst die FDP, das Projekt zu beerdigen und stattdessen eine Brücke für Fußgänger und Fahrräder voranzutreiben und bessere Fährzeiten zu organisieren. Rheingau-Taunus-Landrat Frank Kilian sieht das ähnlich. Er kann sich allenfalls noch einen umweltverträglicheren Tunnel vorstellen, der allerdings sämtliche finanziellen und technischen Möglichkeiten sprengen würde. Der Kreistag des Rheingau-Taunus-Kreises hat trotzdem anders entschieden. Laut „Wiesbadener Kurier“ beschloss eine Mehrheit aus CDU, FWG, FDP und AfD, die Idee der Autobrücke weiter zu verfolgen und andere Standorte prüfen zu lassen. Mit einem bizarren Argument des Rüdesheimer Kreistagsmitglieds Michael Barth. „Eine feste Querung sei dringend notwendig – nicht zuletzt wegen der vielen Besucher, die 2029 zur Bundesgartenschau im Mittelrheintal erwartet werden“, zitiert ihn die Zeitung. Dass 2029 eine Autobrücke zwischen Bingen und Rüdesheim steht, gilt als ähnlich realistisch wie fliegende Einhörner in der Drosselgasse.

Blick auf Rüdesheim. Foto: Frank Gallas / Romantischer Rhein Tourismus

Selbst die Mittelrheinbrücke bei St. Goar, die im Planungsprozess viel weiter ist, wird 2029 nicht fertig sein – falls dann überhaupt der Bau begonnen hat. Für das Rüdesheimer Projekt fehlt jede Voraussetzung, um es in absehbarerer Zeit auf den Weg zu bringen. „Irgendwann muss man doch zur Kenntnis nehmen, dass etwas nicht funktioniert“, wundert sich SPD-Mann Martin Rabanus über die Brücken-Obsession im Kreistag. Für die Region ist die Verlängerung der Debatte fatal: So lange sich alles im Kreis dreht, werden praxisnahe Lösungen wie die Fahrradbrücke oder staatliche finanzierte 24-Stunden-Fähren blockiert. Wiesbadener Kurier

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Ein Beitrag geteilt von Peter Ginzel (@bopparder)

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2 Gedanken zu „„Irgendwann muss man doch zur Kenntnis nehmen, dass etwas nicht funktioniert““

  1. So lange alle Beteiligten nicht persönlich betroffen sind, den Rhein queren zu müssen, wird es in 50 Jahren noch keine Brücke geben. Weder in St. Goarshausen noch in Rüdesheim.

    • Das sehe ich anders, Ruth. Bei der Mittelrheinbrücke zwischen Fellen und Wellmich ist der Prozess so weit wie noch nie. Das ist zumindest eine realistische Möglichkeit für das nächste Jahrzehnt. Auch, weil sich die Politik eindeutig positioniert hast. Der Zug rollt jetzt. Bingen ist was anderes. Da steht die Landespolitik nicht hinter, es gibt keinen Plan, kein Konzept, nichts. Darum wäre es doch besser, sich auf das Machbare zu konzentrieren statt einer fixen Idee hinterherzujagen und den Leuten falsche Hoffnungen zu machen.

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