1600 Demonstranten und 1850 Teilnehmer an der anschließenden Bürgerversammlung sind gestern beim Einsatz für die Loreley-Kliniken in Oberwesel gezählt worden. Es kamen weit mehr als erwartet, darunter eine ehemalige Patientin, die eigens aus Ludwigshafen angereist war. Für die Manager des kirchlichen Krankenhaus-Trägers Marienhaus Holding dürften die Stunden auf der Bühne so angenehm gewesen sein wie eine Wurzelbehandlung. Das Publikum hatte sich gut vorbereitet. Es gab kreative Aktionen am Anfang (Motto: „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Klinik klaut!“) und bohrende Fragen im Verlauf der Veranstaltung. Gut informierte Teilnehmer hatten Verträge und Bilanzen studiert und konfrontierten die Klinik-Geschäftsführer mit Rückstellungen und „ausgeliehenen“ Gewinnen. Die Oberweseler Christian Büning und Franziskus Weinert filmten den kompletten Abend; ihre Videos liefen live auf Facebook und sind dort weiterhin zu sehen.
Zu besichtigen ist ein überfordertes Management, das von seiner eigenen Ärzteschaft vorgeführt wurde. „Ich habe zu keinem Zeitpunkt das Gefühl gehabt, dass irgendjemand für uns und unsere Sache aufgestanden wäre“, kritisierte der leitende Orthopäde Alfred Galeazzi seine Geschäftsführung. Das Management will die Kliniken in den kommenden Monaten schließen; angeblich weil verschärfte Vorgaben der Krankenkassen alles unrentabel machen. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherungen (MDK) hat die Marienhaus-Darstellung unterdessen als „absurd“ zurückgewiesen. mdk-rlp.de (Pressemitteilung der MDK)
Wie geht es weiter?
Die kommunalen Minderheitsgesellschafter Oberwesel, St. Goar und Verbandsgemeinde St. Goar-Oberwesel drängen jetzt auf ein neutrales Gutachten, das die Berechnungen der Marienhaus-Holding überprüft. Insider vermuten, dass der Konzern die Krankenhäuser loswerden will, um sich auf das profitablere Altenheim-Geschäft zu konzentrieren; sie zweifeln darum an dem jetzt vorliegenden Zahlenwerk. Das vorrangige Ziel der Kommunen und der Beschäftigen ist, Zeit zu gewinnen und den Betrieb 2020 weiterlaufen zu lassen. In dieser Zeit könnte im Idealfall eine Lösung ohne Marienhaus gefunden werden. Der Konzern hat gestern durchblicken lassen, dass er seine Anteile an den Loreley-Kliniken auch an die Kommunen oder einen neuen Investor übergeben würde. Bis dahin soll weiter öffentlich Druck gemacht werden, damit sich u. a. die Landesregierung für Unterstützung aus Berlin einsetzt. Am 10. November gibt es in Oberwesel darum die nächste Kundgebung.
Die Einladung zur Kundgebung
**** Sonntag, 10. November 2019, um 15 Uhr Oberwesel, Marktplatz
„Wir fordern die vier Eigentümer dazu auf, am Runden
Tisch Loreley-Kliniken teilzunehmen, die Wirtschaftlichkeit der Häuser neu zu bewerten und tragfähige Zukunftsmodelle zu entwickeln. Bis dahin muss die äußerst kurzfristige Schließung vom Tisch und ein Weiterbetrieb bis
mindestens zum 31.12.2020 garantiert werden.“
Mittelrheiner des Tages: Christian Albrecht, Claudia Berres, Heike Zimmer
Die 3 Oberweseler haben die größte Demo organisiert, die die Stadt jemals gesehen hat. Falls Ihnen der Name Christian Albrecht bekannt vorkommt: Der Multi-Feuerwehr-Profi war Ende September Gast im wöchentlichen Interview-Format „7 Fragen an ….“
Zahl des Tages
13 Ärzte aus der Region warnen in einem offenen Brief an Rhein-Hunsrück-Landrat Marlon Bröhr vor einer Schließung der Loreley-Kliniken. Die Folgen seien nicht nur für die Mitarbeiter dramatisch, heißt es in dem Schreiben an Rhein-Hunsrück-Landrat Marlon Bröhr. Die niedergelassenen Mediziner aus Oberwesel, St. Goar und Bacharach fürchten auch um die ambulante Versorgung. Ohne Krankenhaus werde es noch schwieriger, junge Landärzte zu finden und Praxen zu erhalten. Unterschrieben haben
- Dr. Jörn Ermert (Oberwesel)
- Dr. Sabine Görge (Oberwesel)
- Dr. Gerhard Kleinz (Oberwesel)
- Dr. Martin Krill (St. Goar)
- Dr. Sascha Lauenroth (Bacharach)
- Dr. Tilmann Onckels (Oberwesel)
- Dr. Franz Sabel (Oberwesel),
- Ulrich Schmidtmeier (St. Goar),
- Axel Strähnz (Oberwesel)
- Dres. Emil und Gerlinde Völker (Oberwesel)
- Dres. Detlev-Rainer und Michaele Waldenburger (Oberwesel).
Termin des Tages
Freitag in Bacharach – „Bacharach und seine 12 schlimmsten Brände“ / Stadtführung mit Horst Maurer – 1. November, 15 Uhr. gaestefuehrer.welterbe-mittelrhein.de
Foto des Tages
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Es waren auch viele Hunsrücker dabei!