Urlaub mitten im Lockdown? Niedrige Inzidenzwerte, klare Ansagen, viele Tests und die Luca-App machen es in ausgewählten Modellregionen möglich. Mittelrhein-Gastbloggerin Marie-Luise Krompholz aus Bingen war gerade an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste. Im Interview erzählt sie, wie in Eckernförde und ein Stück weiter nördlich an der Schlei (bekannt aus dem ZDF-Klassiker „Der Landarzt“) Urlaub unter Corona-Bedingungen funktioniert.
Du hast gerade eine Woche Urlaub in der Tourismus-Modellregion Eckernförde gemacht. Wie war’s?
Mal was anderes sehen, Meerluft schnuppern, Verwandte im Norden besuchen – das tat gut. Ich bin mit leichtem Gepäck gereist, weil das Modellprojekt bei einem Anstieg der Inzidenz jederzeit abgebrochen werden kann. Aber nach knapp zwei Wochen sieht es nicht danach aus, die Inzidenz hier pendelt um die 50 und ist in den letzten Tagen sogar gesunken. Für die Vorsaison war ziemlich viel los, aber ich fühlte mich sicher, weil schon ab der Buchung alles gut organisiert war und ich wusste, was ich beachten muss.
Welche Voraussetzungen muss man erfüllen?
Über die Tourist-Info hatte ich eine Ferienwohnung gebucht und mit der Bestätigung kam eine Gäste-Checkliste mit Pflichten, Empfehlungen und Antworten auf häufige Fragen. Da war alles klar beschrieben. Kurz vor Reiseantritt musste ich einen Corona-Schnelltest machen lassen, das war quasi die Eintrittskarte ins Urlaubsdomizil. Außerdem habe ich schon vorab die Luca-App installiert, darüber läuft in den meisten Betrieben die Kontaktdatenerfassung.
Vor Ort musste ich innerhalb von drei Tagen nochmals einen Schnelltest machen und dem Vermieter vorlegen. In der Stadt gibt es 13 Testmöglichkeiten, vom Testmobil am Strand über Teststationen in der Nähe von Restaurants bis zu Apotheken. Übers Internet und über Aushänge vor Ort kann man sich informieren, wer wann geöffnet hat und wo man einen Termin für die Testung benötigt.
Welche Beschränkungen gibt es in Gastronomie und Einzelhandel?
Überall gelten natürlich die AHA-Regeln wie im Rest der Republik. Bei der Außengastronomie werden die Kontaktdaten mit der Luca-App erfasst, für die Innengastronomie benötigt man zusätzlich einen aktuellen negativen Schnelltest. Diese Regeln gelten für Touristen genauso wie für Einheimische. Beim Einzelhandel gibt es keine gesonderten Bestimmungen im Rahmen des Modellprojekts, hier zählt allein die Inzidenz. Fast alle Geschäfte haben geöffnet, die maximal erlaubte Kundenzahl und andere Auflagen hängen als Zettel an den Türen. Anfangs habe ich einmal vergessen, mich mit der Luca-App beim Verlassen wieder auszuchecken, dann habe ich meine App-Einstellungen so geändert, dass ich automatisch ausgecheckt werde.
Wie hat sich das Stadtbild durch die Corona-Auflagen geändert?
Bis auf die vielen Zettel mit Corona-Hinweisen und die Klebestreifen für Ein- und Ausgänge ist es fast so wie in normalen Zeiten. Weil so viele Touristen kommen und das manchen Eckernförder Bürgern nicht ganz geheuer ist, wurde die Maskenpflicht im Lauf meiner Urlaubswoche verschärft, man musste dann tagsüber in der Innenstadt und auf der Strandpromenade eine Maske – norddeutsch Schnutenpulli – tragen. Interessanterweise waren die positiv Getesteten zu der Zeit nur Einheimische, es war mehr ein subjektives Empfinden. Aber dieses Nachsteuern bei den Vorgaben finde ich okay, das Modellprojekt kann ja nur ein Erfolg werden, wenn alle dazu stehen. Für die Strandfans hat man digital nachgelegt, Strandkörbe kann man jetzt auch über eine App buchen und muss nicht mehr an der Tourist-Info dafür anstehen.
Wie kommen Menschen ohne Handy mit all den Bestimmungen zurecht?
Das könnte tatsächlich schwierig sein. Natürlich informieren die Lokalzeitungen und überall hängen Zettel mit einzelnen Hinweisen, aber es sind ja eine Menge Auflagen, und die können sich auch ändern. Da ist es schon viel einfacher, wenn man sich im Internet auf dem Laufenden hält. Die Luca-App spart allen Seiten zudem viel Papierkram und die Strandkorb-App finde ich superpraktisch.
Eine Hilfestellung für Besucher ohne Handy oder Computer sind die Info-Säulen, die an markanten Punkten in der Innenstadt und am Strand stehen. Auf dem interaktiven Display werden Ausflugs- und Veranstaltungstipps angezeigt, Werbung für Gastronomie-Betriebe gemacht und so weiter. Über den Touchscreen kann man auch Informationen zu Corona abrufen und wird dann auf die Corona-Info-Website der Stadt geführt.
Was kann das Mittelrheintal aus diesem Modellprojekt lernen?
Das Mittelrheintal bereitet sich ja auf den Re-Start des Tourismus vor und kann daher von den Erfahrungen in Modellprojekten profitieren. Eckernförde ist mit gut 22.000 Einwohnern fast so groß wie Bingen, die angrenzende Schlei-Region ist ländlich wie viele Teile des Tals und hat ein ähnliches Modellprojekt laufen. Was mir hier oben positiv aufgefallen ist, ist erstens das planvolle Vorgehen mit dem Einbeziehen vieler Bereiche und mit digitalen Lösungen. Zweitens die klare Kommunikation an Anbieter und Gäste, welches Verhalten von ihnen erwartet wird. Und drittens der Mut, etwas zu wagen und falls nötig an einzelnen Stellschrauben zu drehen.
Ausführliche Infos zum Modellprojekt gibt es hier.
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