Kein Niedrigwasser, keine Trockenheit, kein Regen, kein Corona: Zwischen Spay und Koblenz konnte „Rhein in Flammen“ am Samstag wie in alten Zeiten gefeiert werden. Rund 140.000 Menschen genossen das Pyro-Spektakel an den Ufern, weitere 6.000 gönnten sich Plätze auf einem der 28 Schiffe im Konvoi. Stromaufwärts in St. Goarshausen wird dagegen nur im Rathaus gezündelt. In der Stadt sollte am 16. September eigentlich das nächste Großfeuerwerk stattfinden, aber weil der Stadtrat sich weigert, böllert das gegenüberliegende St. Goar nun allein. Die Absage bewegt am Mittelrhein viele Gemüter und für die meisten stehen die Schuldigen fest: Phantasielose Ratsherren, die Attraktionen verhindern, ihrer Stadt schaden und ihrem Bürgermeister Nico Busch das Leben schwer machen. Aber so einfach ist es nicht. Ein 18-minütiges Video des Regionalsenders Mittelrhein TV zeigt die unterschiedlichen Standpunkte. Zu Wort kommen Ratsmitglied Jan Born, Bürgermeister Busch und der Erste Beigeordnete Daniel Daum. Offenbar scheiterte die Teilnahme 2023 nicht nur an fehlenden Geld – im vorigen Jahr waren mindestens 60.000 Euro Miese aufgelaufen – , sondern vor allem an der zu späten Planung. Jede Seite wartete darauf, dass die anderen den Anfang macht. Der Stadtrat wartete auf Vorschläge des Bürgermeisters, der Bürgermeister auf einen Startschuss des Stadtrates. Schlimmer als die Pyro-Pause ist das verheerende Bild in der Öffentlichkeit. Weniger als ein Jahr vor der Kommunalwahl blockieren sich Bürgermeister und Kommunalparlament gegenseitig. Drei Viertel der Ratsmitglieder fordern seit Monaten Buschs Rücktritt. Allerdings ist niemand in Sicht, der den ehrenamtlichen Bürgermeisterposten haben möchte. YouTube (Mittelrhein-TV), SWR (Rhein in Flammen zwischen Spay und Koblenz)
Es ist für einen guten Zweckverband
Wer seine Liebe Mittelrhein zum Beruf machen möchte, kann das beim Zweckverband Welterbe Oberes Mittelrheintal tun, der einzigen Instanz, die alle Kreise und Kommunen zwischen Rüdesheim, Bingen und Koblenz umfasst. Die Organisation mit Sitz in St. Goarshausen sucht gerade einen „Projektmitarbeiter (m/w/d)“ als Elternzeitvertretung. Es geht um 19,5 Wochenstunden zunächst bis mindestens Ende 2025. Zwischen Mai und Dezember 2024 wäre ein Upgrade auf 39 Wochenstunden möglich. Zum Job gehört u. a. die Betreuung von Regionalentwicklungsprojekten im Unesco-Kontext, die Vernetzung mit lokalen Initiativen, das Management von Fördermitteln und Kommunikation inklusive Social Media. Gehalt und Sozialleistungen sind wie im öffentlichen Dienst üblich. Vorausgesetzt werden ein „Studium oder ein vergleichbarer Ausbildungswerdegang mit Praxiserfahrung im Bereich Regionalentwicklung, Regionalmanagement, Stadt- und Raumplanung oder Geografie.“ Außerdem ist ein Führerschein Klasse B erforderlich. Die Bewerbungsfrist läuft noch bis zum 31. August. Zweckverband Welterbe (Stellenausschreibung)
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Der öffentlich ausgetragene Zwist in St. Goarshausen zeigt neben der oft gescholtenen Unlust zur Gemeinsamkeit am Mittelrhein eine ganz andere Gefahr, die meines Erachtens deutlich schwerer für die künftige kommunale Arbeit und Entwicklung der Kommunen in Rheinland-Pflaz wiegt: Die grundsätzliche Überforderung eines ohnehin schon arbeitsreichen Ehrenamtes in solchen kleinen Gemeinden. Neben schon hoch komplexen kommunalen Aufgaben, addieren sich noch immer komplexere gesetzliche Vorgaben, Sicherheitsaspekte, unendlich komplizierte Ausschreibungsverahren, ewig langwierige Planungs- und Projektzeiträume und fast undurchschaubare Förderkulissen plus zusätzlicher staatlicher Aufgaben. Dazu fehlt an allen Ecken das Geld sowie das Personal und die Verbandsgemeinden entwickeln ein (politisches) Eigenleben, anstatt das professionelle Schreibbüro/die professionell Administration und fachliche Unterstützung der ehrenamtlich gelenkten Kommune zu sein. So war das mal bei der Verwaltungsreform angedacht.
Es drängt und wird Zeit, die Bürgermeister in den Einzelgemeinden hauptamtlich zu besolden und ihnen ausreichend professionelle Verwalaltungskräfte an die Seite zu stellen.
Volle Zustimmung, lieber Herr Herzog. Das Konstrukt „Verbandsgemeinde“ ist gut gemeint, aber spätestens mit der Direktwahl der VG-Bürgermeisters haben wir ein merkwürdiges Nebeneinander in Rheinland-Pfalz. Vielleicht ist das schleswig-holsteinische Modell besser: Da ist das „Amt“ keine weitere kommunalpolitische Instanz, sondern einfach nur der professionelle Verwaltungsdienstleister der Ortsgemeinden.