Frank Zimmer

Operettenmonarchie in St. Goar: „Man darf sich auch Graf Koks nennen“

Burg Rheinfels über St. Goar war schon immer anders. Bei den Eroberungskriegen des französischen „Sonnernkönigs“ Ludwig XIV. blieb sie als einzige Burg am Mittelrhein unbesiegt. Während ringsherum alles kapitulierte oder in Flammen aufging (meistens beides) hielt die Rheinfels jedem französischen Angriff stand. Dem St. Goarer Drechslermeister Johann Kretsch gelang es während der Belagerung sogar, den französischen Oberbefehlshaber Graf Tallard aus 200 Meter Entfernung mit einem Meisterschuss vom Pferd zu holen. Heute haben es blaublütige Angreifer in St. Goar leichter. Man wehrt sich nicht mehr lange und rollt ihnen irgendwann sogar den roten Teppich aus. Selbst dann, wenn sie keine keine Macht mehr besitzen, ein Nazi-Problem haben und so viel royalen Glamour ausstrahlen wie ein Finanzbeamter bei der Umsatzsteuerprüfung. Bürgermeister Falko Hönisch (SPD) und seine Mehrheit im Stadtrat wollen einem Nachfahren des letzten Deutschen Kaisers wacklige Ansprüche auf die Burg abkaufen, indem sie dessen Stiftung an den Eintrittsgeldern beteiligt. Das Land Rheinland-Pfalz hält das für unnötig, weil Georg Friedrich Prinz von Preußen keine Ansprüche zu stellen habe. Auch der Berliner Jura-Professor Torsten Tristan Straub wundert sich. Er hat sich auch mit anderen Rückgabeforderungen des Prinzen beschäftigt und bezweifelt, dass der Urenkel des Hitler-Fans Kronprinz Wilhelm überhaupt für „das Haus Hohenzollern“ sprechen kann.  Ein Interview über Wunsch und Wirklichkeit.

Rheinfels gehört zu den Top-Adressen am Mittelrhein. Foto: Hotel Schloss Rheinfels.
Rheinfels gehört zu den Top-Adressen am Mittelrhein. Foto: Friedrich Gier.

Der Stadtrat von St. Goar hatte in der vergangenen Woche über einen Vergleich mit dem „Haus Hohenzollern“ abzustimmen. So war es in der Beschlussvorlage formuliert, und auch in den Medien ist immer vom „Haus Hohenzollern“ und seinem „Chef“ die Rede. Wie würden Sie als Jurist das „Haus Hohenzollern“ definieren: Ist das eine Rechtspersönlichkeit oder eher eine romantische Fantasie?

Mit der Abschaffung der Monarchie hat der Begriff „Haus Hohenzollern“ in Deutschland keine öffentlich-rechtliche Bedeutung mehr. Auch das Privatrecht kennt grundsätzlich keine dynastischen „Häuser“. Im heutigen Familienrecht gibt es kein „Oberhaupt“ mehr. Prinz Georg Friedrich mag der Vormund für seine Kinder sein, allerdings nicht allein, sondern nur neben deren Mutter. Als Vertreter aller anderen Nachkommen des Kronprinzen Wilhelm bzw. des Prinzen Louis Ferdinand darf er nur anerkannt werden, wenn diese ihn bevollmächtigt haben.

Vielleicht gibt es eine privatrechtliche Familienstiftung, die sich „Haus Hohenzollern“ nennt. Das entzieht sich vorerst meiner Kenntnis genauso wie die Frage, ob für den Ausdruck „Haus Hohenzollern“ etwa eine Marke eingetragen ist.

Jeder darf seine Familie heutzutage im privaten Bereich „Haus“ nennen, z.B. „Haus Zimmer“. Das ist Geschmackssache. Im Privatleben ist man nicht verpflichtet, den zivilstandsmäßigen Namen zu benutzen. Man darf sich auch „Graf Koks“ nennen, außer im Verkehr mit Behörden, und solange man nicht zufällig das absolute Recht eines anderen an diesem Namen verletzt, sich dessen Identität anmaßt oder ihm betrügerisch einen Vermögensschaden zufügt.

Prinz Georg Friedrich von Preußen benutzt seinen zivilrechtlichen Namen. Der Auftritt als „Chef der Hohenzollern“ bedeutet hier allerdings mehr als nur nostalgische Denkmalspflege. Er suggeriert eine Vertretungsmacht, die über seine eigene Person und die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublick Deutschland hinausreichen will – und genaugenommen nicht besteht.

Der eigentliche Vergleich soll mit Georg Friedrich Prinz von Preußen abgeschlossen werden. Inwieweit kann er für die Nachkommen des letzten Kaisers sprechen? 

Es ist durchaus möglich, dass die anderen Nachkommen des Kronprinzen Wilhelm bzw. des Prinzen Louis Ferdinand das Auftreten des Prinzen Georg Friedrich als „Chef der Hohenzollern“ dulden, weil sie in einem entsprechenden Geist erzogen worden sein dürften. Ansonsten bindet, berechtigt und verpflichtet ein Vergleich grundsätzlich nur die Parteien, welche ihn abschließen, ganz wie sonst auch bei Verträgen. Dann wäre seitens der Hohenzollern allein Prinz Georg Friedrich aus dem Vergleich berechtigt und verpflichtet. Das deutsche Recht erkennt darüber hinaus auch Verträge zu Gunsten Dritter an; hier würde die „Prinzessin-Kira-von-Preußen-Stiftung“ in Frage kommen.

Könnte ein Verwandter des Prinzen ähnliche Ansprüche an der Burg Rheinfels anmelden?

Falls Prinz Georg Friedrich den Vergleich ohne Vertretungsmacht der anderen Nachkommen des Kronprinzen Wilhelm bzw. des Prinzen Louis Ferdinand abschließt, würden diese höchstens nach den Grundsätzen des „Vertrages zugunsten Dritter“ berechtigt, falls der Vergleich entsprechende Klauseln enthält. Einen „Vertrag zulasten Dritter“ erkennt das deutsche Recht hingegen nicht an. Deshalb würde der Vergleich keine Wirkung gegenüber einem anderen Nachkommen des Kronprinzen Wilhelm bzw. des Prinzen Louis Ferdinand entfalten, der glaubt, ein ähnliches Recht wie Prinz Georg Friedrich auf ein Stück des Kuchens der Burg Rheinfels zu haben.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass der Staat kein Staatseigentum auf jemanden übertragen darf, der seinen Anspruch von einer Erbregelung ableitet, die ihn als Thronprätendenten für die Restauration der Monarchie mit Vermögen ausrüsten wollte.

Außerdem teile ich das Urteil des Landgerichts Koblenz, wonach Burg Rheinfels bei Verletzung von Pflichten durch die Stadt St. Goar höchstens an das Land Rheinland-Pfalz zurückfallen würde, nicht an irgendwelche Nachfahren des Kaisers.

Die Befürworter der Rheinfels-Deals verweisen auf die karitativen Aktivitäten der Kira-von-Preußen-Stiftung, die ja über 70 Jahre lang an den Eintrittsgeldern der Burg Rheinfels beteiligt werden soll. Es sei eine „Win-Win“-Situation, heißt es. Wie schätzen Sie das ein?

Angesichts des deutlichen Sieges des Landes Rheinland Pfalz und der Stadt St. Goar vor dem Landgericht Koblenz in erster Instanz leuchtet mir überhaupt nicht ein, dass sich der Bürgermeister von St. Goar vor dem Gang des Prinzen Georg Friedrich in die Berufung fürchten soll. Das Prozessrisiko erscheint mir dafür nicht groß genug. Demnach hätte der St. Goarer Stadtbürgermeister einen unnötigen Vergleich initiiert. Worin da die „Win-win-Situation“ bestehen soll, bedarf weiterer Aufklärung, wozu ich nichts sagen möchte, solange ich den ganzen Wortlaut des Vergleichs nicht kenne.

Falko Hönisch gehört der SPD an. Das erinnert mich daran, dass schon Friedrich Ebert keine Republik wollte, sondern die Aufrechterhaltung einer konstitutionellen Monarchie bevorzugte – mit ihm selbst als Reichskanzler.

Die Loreley GmbH kommt

Die Neustrukturierung des Loreley-Tourismus ist unter Dach und Fach. Laut „RZ“ beschloss der Touristik-Verein der Verbandsgemeinde fast einstimmig die Gründung einer GmbH, die auch das Plateau bewirtschaften soll. Sie könnte auch die Freilichtbühne übernehmen, falls der zahlungsunwillige Pächter ausfällt. Rhein-Zeitung

Internetfrei und Spaß dabei

Der Bopparder „Rhein-Hunsrück-Anzeiger“ wirkt aus der Zeit gefallen: Das Anzeigenblatt von Alfred Strödicke gibt es nur auf Papier oder im unhandlichen PDF-Format, die Internetseite stammt aus dem Jahr 1996 und scheint sich seitdem kaum verändert zu haben. Trotzdem funktioniert das Geschäftsmodell. Laut Strödicke hat seine kleine Zeitung 2019 das beste Jahr ihrer Geschichte erlebt. 2020 feiert der „RHA“ seinen 30. Geburtstag. Eine Sonderausgabe fasst die Highlights zusammen. In Boppard existiert noch eine weitere (und ältere) Mini-Zeitung: „Rund um Boppard“.  Auch sie hat keine moderne Digitalausgabe, überlebt aber sogar als kostenpflichtiger Abo-Titel. Rhein-Hunsrück-Anzeiger (Jubiläumsausgabe), Rund um Boppard (Website)

Eine neue Hotelchefin in Rüdesheim

Das Rüdesheimer Hotel Trapp ist verkauft. Die Eigentümerfamilie Brühl übergibt den 39-Zimmer-Betrieb nach 37 Jahren in neue Hände. Das „Trapp“ gehört jetzt Peter Häfner vom Restaurant „Am Niederwald“. Seine Frau Ulla übernimmt die Geschäftsführung. Wiesbadener Kurier

Michelin-Teller am Mittelrhein

Apropos Gastronomie: Der Gourmet-Reiseführer „Guide Michelin“ hat in seiner neuen Ausgabe auch das Obere Mittelrheintal bedacht. Marcus Schwarze listet die regionalen Gewinner im Buga-Blog auf. Außerhalb von Koblenz gibt es zwar keine Sterne, dafür aber „Michelin Teller“ für überdurchschnittliche Qualität. Sie gingen an:

https://buga2029.blog/2020/03/04/gut-essen-im-welterbe-oberes-mittelrheintal-hier-gibt-es-ausgezeichnete-restaurants/

Ein Blick auf die Buga

Rainer Zeimentz ist ein Garant für klare Worte. Der Chef der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz koordiniert die Vorbeitungen für die Buga und erklärt zaghaften Lokalpolitikern gerne, was sie vom Großereignis erwarten können und was sie dafür tun müssen. Bei der Mitgliederversammlung des Vereins Loreley-Touristik war es wieder einmal so weit. 108 Millionen Euro umfasst das Buga-Budget.  Wer gute Ideen hat, kann daran teilhaben. „Es gibt kein vergleichbares Investitionsprogramm in Rheinland-Pfalz“, zitiert die „RZ“  Zeimentz.  Die „extrem hohe Investition“  sei nur durch den Welterbe-Status möglich. Rhein-Zeitung, buga2029.blog (weitere Infos zur Buga)

Video der Woche

9 Jahre nach der Buga in Koblenz profitiert die Stadt noch immer.  Die Grünanlagen an der Festung Ehrenbreitstein etwa sind noch so gut in Schuss wie 2011. Ein SWR-Video zeigt, wie viele freiwillige Helfer dabei anpacken. swr.de

Mittelrhein-Zahl der Woche

100 Jahre wird die Binger Weinkellerei Reh Kendermann in diesem Jahr. Das Familienunternehmen gönnt sich zum Geburtstag neue Büro- und Lagerflächen und investiert im Binger Osten mehrere Millionen Euro. Allgemeine Zeitung

Termine der Woche

Freitag in Rüdesheim – Beatbox in der Villa Sturm – 6. März, 19 Uhr. ruedesheim.de

Freitag in Bingen – „Fairtraders“ im Programmkino KiKubBi  – 6. März, 19 Uhr 30. bingen.de

Samstag in Bingerbrück – Tage der Stadtgeschichte im Binger Stadtarchiv – 7. März. bingen.de

Samstag in Oberheimbach – Küchenparty im Weinbergschlösschen / Mittelrhein-Momente. mittelrheinmomente.de

Samstag in Boppard – „24 Einblicke in die Seele Chopins“ / Musikdinner im Bellevue – 7. März, 18 Uhr 30. boppard-tourismus.de

Samstag in Bingen – Autoren lesen für einen guten Zweck – 7. März, 19 Uhr. bingen.de

Samstag in Bacharach – „Bacharacher Meisterkonzerte mit Christoph Schanze am Cembalo – 7. März, 19 Uhr 30. rhein-nahe-touristik.de

Sonntag in Bingerbrück – Tage der Stadtgeschichte im Binger Stadtarchiv – 8. März. bingen.de

Sonntag in Rüdesheim – Hildegard Wein Walk: „Hildegard und die Kranken“/ Themenwanderung – 8. März, 13 Uhr 30. ruedesheim.de

Sonntag in Niederheimbach – Schlenderweinprobe – 8. März, 14 Uhr 30. rhein-nahe-touristik.de

Sonntag in Bingen – Klaviermusik in der Johanneskirche – 8. März, 16 Uhr. bingen.de

Sonntag in Bingen – Gedenkfeier und Konzert zur Erinnerung an Ida Dehmel-Coblenz – 8. März, 16 Uhr 30. bingen.de

Sonntag in Oberwesel – Konzert im Kulturhaus – 8. März, 17 Uhr. oberwesel.de

Montag in Bingen – Thermografie-Spaziergang durch Büdesheim – 9. März, 19 Uhr. bingen.de

Mittwoch in Bingen – „Battle of Sexes“ im Programmkino KiKuBi – 11. März, 20 Uhr 15. bingen.de

Donnerstag in Lahnstein – Ausstellungseröffnung „Bomben auf Lahnstein“ – 12. März, 13 Uhr 30. lahnstein.de

Donnerstag in Oberwesel – „Alte Geschäfte, neue Wohnkonzepte“ / Bilderschau, Vortrag und Diskussion im Kulturhaus – 12. März, 18 Uhr (Einlass). oberwesel.de

Donnerstag in Boppard – „Mannis kleine Welt“ / Kleinkunstbühne Mittelrhein – 12. März, 19 Uhr 30. boppard-touristik.de

Freitag in Spay – „Hollyfood“ / Mittelrhein-Momente im Weingut Matthias Müller – 13. März, 19 Uhr. mittelrheinmomente.de

Freitag in Bacharach – Stübers Haus- und Küchenparty / Mittelrhein-Momente im Rheinhotel – 13. März, 19 Uhr. mittelrheinmomente.de

Freitag in Lahnstein – „Das Phantom der Oper“ / Musical in der Stadthalle – 13. März, 19 Uhr (Einlass). lahnstein.de

Freitag in Bingen – „The Circle“ im Programmkino KiKuBi – 13. März, 19 Uhr 30. bingen.de

Freitag in Boppard – „We rock Queen“ / Revival-Show in der Stadthalle – 13. März, 20 Uhr. boppard-tourismus.de

Freitag auf der Festung Ehrenbreitstein – „Kulinarische Weltreise: Frankreich“ / Menü im „Casino“ – 13. März, 20 Uhr. tor-zum-welterbe.de

Foto der Woche

 

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@tw400 . Mornings in Bacharach – from the vineyards you have a view on the village with the illuminated chapel Wernerkapelle and the Rhine. Did you know that the windows of the chapel are more than 12 meters high? Thank you to @tw400 die wonderfully capturing this beautiful moment! . Morgens in Bacharach – von den Weinbergen aus hat man einen Blick auf den Ort mit der angestrahlten Wernerkapelle und den Rhein. Wusstet ihr, dass die Fenster der Kapelle über 12 Meter hoch sind? Danke an @tw400, der den schönen Moment wunderbar eingefangen hat! __________ #visitrlp #bacharach #rheinlandpfalz #rlp #rhinelandpalatinate #meinrlp #rlperleben #mittelrheintal #middlerhinevalley #mittelrheingram #rheinstagram #mittelrhein #beautifuldestinations #archilovers #archidaily #kings_villages #moodygrams #allthealleys #bitsofbuildings #super_europe #living_europe #loves_united_germany #travel_2_germany #germanytourism #srs_germany #map_of_europe #duitsland #meindeutschland #visitgermany #deutschlandkarte

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Das Beste zum Schluss

Die Bacharacher Burg Stahleck kennt jeder, aber etwas abseits vom Rhein findet sich im Stadtteil Steeg ein Geheimtipp, die Ruine Stahlberg. Offiziell gehört sie genau wie ihre große Schwester dem Rheinischen Verein in Köln, aber eigentlich ist sie Gemeinschaftsbesitz aller Steeger. Das Dorf kümmert sich um die Burg, und Menschen wie Klaus Kemmer und Dieter Stiehl wenden viel Zeit dafür auf, Wege freizuhalten und Mauern zu inspizieren. Für Wanderer gab es bislang wenige Informationen. Jetzt zeigt eine Schautafel, was es mit der Burg auf sich hat und wie sie früher aussah. Allgemeine Zeitung

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