Auf dem Oberweseler Hof Hardthöhe hat man das Gefühl, über dem Rhein zu schweben. Es ist ein kühler und verregneter Januartag, die Felder um den Ferienbauernhof wirken in der Dämmerung olivgrün, die Bäume strecken ihre kahlen Äste aus und die Schönburg schimmert golden. Hier oben lebt und arbeitet Rita Lanius-Heck. Die 62-Jährige kandidiert im Rhein-Hunsrück-Kreis für das Amt der Landrätin. Eigentlich ist sie CDU-Mitglied, aber bei der Wahl am 16. Januar will sie es ohne ihre Partei wissen.
Der Wahlkampf sei viel Arbeit, heute war sie in Emmelshausen und Simmern, habe Bürgergespräche geführt. Den ganzen Tag war sie unterwegs, „ich bin richtig durchgefroren“, lächelt sie und hält eine Tasse Tee in der Hand.
„Wenn meine Tochter nicht die Führung des Hofs übernommen hätte und mich meine Familie nicht so unterstützen würde, könnte ich das alles gar nicht leisten.“ Mit leisten meint sie nicht nur den Wahlkampf, sondern auch ihre Arbeit als kommissarische Kreischefin, die sie seit Marlon Bröhrs Wahl in den Bundestag übernommen hat. Sportlich sei es, aber gut, lächelt sie.
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Leben miteinander
Mit vier Generationen leben sie auf dem Anwesen, das mehrere Ferienhäuser, eine Sauna mit Rheinblick, Stallungen, eine Imkerei, einen Hofladen und einen Raum für Festlichkeiten umfasst. „Einfach ist das Leben mit vier Generationen auf einem Hof natürlich nicht immer, aber ohne die Familie würde der ganze Betrieb nicht funktionieren.“
Vielleicht lernt man im Leben mit mehreren Generationen an einem Ort aushalten, abwarten und kooperieren. Fähigkeiten, die auch in der Politik dienlich sind. Sie lacht: „So genau habe ich noch nie darüber nach gedacht. Aber ja, wenn hier jeder seinen oder ihren Willen durchsetzen würde, dann geht der gemeinschaftliche Betrieb natürlich nicht lange gut.“
Zum Betrieb gehört neben dem Ferienangebot die Landwirtschaft. Rund 50 Mutterkühe stehen auf den Feldern um die Hardthöhe. Um die kümmere sich ihr Vater, der sich mit über 90 Jahren noch aktiv in den Hof einbringt.
„Ich bin nicht polarisierend, sondern würde mich eher als integrativ und zusammenführend beschreiben“, sagt sie nachdenklich und spricht weiter: „Mir ist es wichtig, dass man aus der Summe der Ideen und Meinungsverschiedenheiten das Beste rausholt. Das lernt man wahrscheinlich nur im Miteinander.“
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Im Herzen Landwirtin
Lanius-Heck ist im Herzen Landwirtin, so ist sie geprägt und sozialisiert. Schon als Kind war sie stolz auf das, was ihre Vorfahren aufgebaut haben. Eigentlich war es gar nicht geplant, dass sie den Familienbetrieb übernimmt, sie wuchs in die Aufgabe hinein, besuchte die Fachhochschule für Landwirtschaft und lernte dort ihren späteren Mann kennen. Der Hof stand immer im Mittelpunkt, und so hieß es morgens und abends in den Stall zu gehen, die Kühe zu melken, die Tiere auf die Felder zu bringen oder nach den Reben zu schauen. Damals betrieb man noch Weinbau und Landwirtschaft zugleich, wie in vielen Familien am Mittelrhein.
„Meine Oma hatte noch eine Straußenwirtschaft, den Wein haben wir im Direktvertrieb verkauft“, erinnert sie sich. Die Tradition ist im Hause Lanius immer präsent. Im Flur hängt eine Winzer-Urkunde von 1885. Später entschloss sich die Familie, Weinbau und Landwirtschaft zu trennen. Rita Lanius-Heck übernahm den Hof und ihr Bruder Jörg Lanius das Oberwesler Weingut Lanius-Knab. „Nach der Trennung haben wir erst gemerkt, wie viel Wein wir getrunken haben“, lacht sie.
Die Idee zum Ferienhof kam im Urlaub in Dänemark. „Ich dachte, wenn es dort möglich ist, müsste ein Ferienbetrieb auch auf der Hardthöhe funktionieren. Im Sommer ist es hier schließlich wie in der Toskana. Unterhalb unseres Wohnhauses entstanden die ersten vier Ferienhäuser. Das war 1994. Natürlich war es ein Risiko. Ich erinnere mich noch, wie ich die ersten Prospekte gefaltet habe: Die waren DIN A5 und ich hatte sie selbst geschrieben.“
Das Risiko hat sich gelohnt. Und während das Tal noch Winterschlaf hält, begegnet man hier oben vielen Feriengästen mit Kindern, die Rita Lanius-Heck zwischendurch immer mal wieder persönlich begrüßt. Ihr voraus ihre Fox-Terrier-Hündin Lilly, die gerne mitten im Geschehen wuselt.
„Ich bin es gewohnt immer da zu sein und Dienstleisterin zu sein. Damals durch das Weingut, heute durch den Ferienhof.“ Die Unternehmerin merkt man ihr deutlich an, aber auch die gute Gastgeberin, die jeden auf der Hardthöhe herzlich empfängt.
In ihrem Wohnzimmer und ihrer Küche hängen Malereien einer Gästin. „Das Gemälde in der Küche erinnert mich an ein Segelschiff, das gerade losfährt. Aber es ist eigentlich ein Gesicht, wenn man genau hinsieht“, lächelt sie.
Der florierende Ferienbetrieb ist auf der Hardthöhe überlebenswichtig geworden. Mit Landwirtschaft allein wäre schwierig. Das Thema treibt sie auch in der Politik um: „Corona hat uns gezeigt, wie wichtig eine regionale Landwirtschaft ist. Und diese muss auskömmlich sein. Das heißt der gute, mittelständische Betrieb sollte Sicherheit bieten.“
Auf ihrem Hof will Lanius-Heck Landwirtschaft verständlich machen. Kinder sollen lernen, was auf einem Bauernhof passiert und warum das für alle wichtig ist: „Das müsste auch in die Schule implementiert werden“, fordert sie.
Hier oben
Dann wird die Frau mit den klaren blauen Augen fast ein wenig bedächtig: „Irgendwie macht es mich stolz, dass dieses Land seit Generationen beackert wurde. Mein Großvater und Urgroßvater standen schon hier und ich empfinde es als Geschenk auch hier stehen zu dürfen. Es ist etwas ganz besonderes für mich, hier leben zu dürfen.“
Hier ist mittlerweile alles in das Blau der Nacht gehüllt, Felder und Hänge der Hardthöhe liegen im Dunkeln, nur der Rhein schimmert vor sich hin und spiegelt Oberwesels Lichter.
Die Autorin:
Mareike Rabea Knevels studierte Kommunikationsdesign und arbeitet als Dozentin, Illustratorin und Autorin. 2019 war sie Burgenbloggerin auf Burg Sooneck. Seit 2022 schreibt sie regelmäßig für Mittelrheingold.