5 Jahre vor dem Beginn der Bundesgartenschau wächst im Tal die Nervosität. Eine SWR-Reportage zeigt weniger Vorfreude als fragende Gesichter. Ein Problem sind die Verkehrswege. Bis zur Eröffnung 2029 gibt es an Bundesstraßen und Bahngleisen noch einen immensen Sanierungsstau abzuarbeiten. Die rechtsrheinische Bahnstrecke wird fast ein halbes Jahr lang komplett gesperrt. Wie marode alles ist, zeigt ein Besuch des TV-Teams im Kauber Bahnhof. Im rostigen Dachgerippe sind die Daten des letzten Anstrichs vermerkt: 23.5. bis 24.6. 1961, kurz vor dem Bau der Berliner Mauer. „Grundsätzlich ist die ganze Struktur ausgelutscht“, sagt Winzer Peter Bahles im Fernsehbeitrag. Er betreibt nebenan seine Weinstube und hat mittlerweile das baufällige Bahnhofsgebäude gekauft. Am Stahlskelett über den Gleisen kann er trotzdem nichts ändern, das ist Sache der Bahn. Die nächste Herausforderung ist der Weg über den Rhein. Dass 2029 keine Brücke stehen wird, ist klar. Aber auch die von Buga-Planern favorisierten Zusatz-Fähren und „Wassertaxis“ sind der Vision noch näher als der Wirklichkeit. Praktiker wie Fährschiffer Donald Thomas warnen im TV vor zu viel Kreuz- und Querverkehr auf dem Strom: „Man kommt den Schiffen sehr, sehr nahe.“ Ein weiterer SWR-Beitrag nennt das vermutlich noch größere Problem: Zu wenig Geld und zu hohe Erwartungen. Momentan gelten die Koblenzer Buga 2011 und die Landesgartenschau in Bingen 2008 als Vorbilder. Beide Projekte waren so erfolgreich, dass sie bis heute nachwirken. Koblenz verdankt der Bundesgartenschau eine runderneuerte Festung Ehrenbreitstein und die spektakuläre Seilbahn. Vergleichbare Leuchtturmprojekte sind für das Obere Mittelrheintal noch nicht in Sicht. Ihre Finanzierung wäre schwierig: Im SWR-Interview erinnert Bingens Oberbürgermeister Thomas Feser daran, dass 2008 allein für die Landesgartenschau in Bingen 32 Millionen Euro bereitstanden. Für die gesamte Buga zwischen Bingen und Koblenz seien dagegen nur 50 Millionen Euro verfügbar. Neue Ideen für 2029 kommen Anfang April auf den Tisch. Dann werden Vorschläge für den Buga-Hotspot Rüdesheim präsentiert. SWR (Bahn und Fähren), SWR (Ideen und Geld)
Lost Place in Lorch
„Hüttenmühle“ klingt romantischer als es ist, tatsächlich geht es um einen tristen 70er-Jahre-Zweckbau im Lorcher Wispertal. Als die Stadt noch Bundeswehrstandort war, beherbergte er u. a. das Offizierskasino des Flugabwehrbataillons 5. Jetzt gammelt das Anwesen nur noch vor sich hin. Ein Projektentwickler aus dem Saarland wollte dort 2022 eine Pflegeeinrichtung ansiedeln und bis zu 100 Arbeitsplätze schaffen. Passiert ist bisher nichts. Laut „Wiesbadener Kurier“ gibt es noch nicht einmal einen Bauantrag. Wiesbadener Kurier (@)
Jerusalem Countdown in Lahnstein
Die Jerusalems-Apotheke ist die älteste in Lahnstein und vermutlich auch die schönste. Die holzgetäfelte Inneneinrichtung mit Delfter Porzellan stammt aus den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts, die Apotheke selbst gibt es seit 1868. Leider ist am Karsamstag Schluss. Inhaberin Doris Schlösser ist 76 und hat keinen Nachfolger gefunden. „Der Beruf scheint nicht mehr so attraktiv, wie er war“, zitiert sie die „RZ“. Bei den Apotheken ist es nicht anders als im Einzelhandel, in der Gastronomie und im Handwerk: Wirtschaftlich lohnt es sich immer noch, aber die Arbeit wird irgendwann zu viel, es fehlen die Fachkräfte, die Motivation für Investitionen schwindet und dann braucht es nur noch eine neue bürokratische Vorschrift, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Bei Doris Schlösser waren es die Regeln rund um das E-Rezept. Die Apothekerin legt trotzdem nicht die Füße hoch. Sie will den denkmalgeschützten Verkaufsraum in ein Museum umwandeln und bei Stadtführungen zeigen. Die Arzneimittelversorgung ist in Lahnstein auch nach Ostern gesichert: Es gibt in der Stadt noch 4 weitere Apotheken. Rhein-Zeitung (€)
(Bewegt-)Bild der Woche
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Zur ausgelutschten Struktur:
Ob die Struktur ausgelutscht ist, darüber kann man m.E. streiten. Ich bin der Auffassung, dass sie zwar, wie am bsp. Kauber Bahnhof, in ramponiertem, aber benutzbarem Zustand ist. Das deckt sich auch mit der Aussage des Bürgers Bahles, der sagt, dass bsw. Gleis- und andere Erhaltungsbauarbeiten durchgeführt wurden.
Was aus meiner Sicht fehlt ist ein neuer Standard. Gerade da ist der Kauber Bahnhof ein gutes Beispiel: Selbst wenn das Dach nicht rostig und sogar gedeckt wäre, die vorgesehene Infrastruktur am Gleis nicht nur benutzbar sondern „wie neu“, wäre sie aus der Zeit gefallen. Kaub hat keinen Aufzug und der Bahnsteig nicht die richtige Höhe. Der Mittelbahnsteig ist nur über Treppen erreichbar. Das ist so, weil man das vor 70, 90, 130 Jahren oder wann auch immer so gemacht hat. Das ist veraltet, nicht ausgelutscht. Genauso beim Thema Rheinquerung: Der Rhein ist einer der wichtigsten innereuropäischen Wasserwege, die Schiffe sind über die früher üblichen Kanalklassen weit hinausgewachsen und durch moderne Technik kann auf Flößer verzichtet werden und der Takt erhöht, der Abstand verringert werden. Natürlich hat diese Art der Schiffahrt gegenüber dem Querverkehr Priorität. Und natürlich ist das Problem nicht der Zustand der Fähren oder deren Anzahl sondern das veraltete Gesamtkonzept.
Wenn eine Gartenschau langfristigen Erfolg haben soll, braucht sie meines Erachtens eben das, was im Artikel Leuchtturmprojekt genannt wird. Anders als in Koblenz (Bahnhof in die Innenstadt, Seilbahn auf die Höhe, hübsches Ufer) oder Bingen (Ufer überhaupt urban gestalten und somit für Freizeitgäste attraktiv machen) muss sich am Mittelrhein aber erst einmal grundsätzlich etwas tun, um solche Projekte sinnvoll zu machen.
Was bringt mir ein schönes Rheinufer oder andere Attraktivität irgendwo, wenn ich auf die Fähre warten/hoffen und dann teuer fahren muss oder einen Zug nutzen, den ich am Zielbahnhof u.U. mit meinem Rollstuhl, Ebike, Kinderwagen, Lastenrad nur durch eine Unterführung und die Mithilfe mehrerer Mitreisender überhaupt verlassen kann?
Am Beispiel Hunsrück sieht man: Die Region ist zu weit von Mainz und Koblenz zum Pendeln, also muss das Internet gut, die Familiengründung leicht, die Infrastruktur vorhanden und die Finanzen solide sein, damit sich Menschen dort ansiedeln. Dann kann über Attraktionen wie die Geierlaybrücke nachgedacht werden.
Die Positivbeispiele der Gartenschauen haben gezeigt, was man aus Gegenden mit viel Potential machen kann, wenn etwas Geld zum spielen, für die Kür, hinzukommt.
Ich fände es schade, wenn die Buga am Mittelrhein ein reines Infrastrukturprojekt oder eine viermonatige Blumenparty mit welker Katerstimmung wird.
Es ist nötig, die strukturellen Probleme als politische Pflicht zu erkennen, die Mittel bereitzustellen und die Buga als Kür zu ermöglichen.
Reinald
Die Bundesgartenschau 2029 soll ein „Booster“ für das Mittelrheintal werden.
Gute und nachhaltige Stadtentwicklungskonzepte sind zum Teil schon vorgestellt worden.
In Lahnstein ist die Eröffnung der BUGA 2029. Die geplante Fußgänger- und Radfahrerbrücke an der Lahnmündung ist eine gute Idee. Hoffentlich wird diese auch umgesetzt.
Unser enges Tal bietet ja nicht gerade viele Parkmöglichkeiten für PKW’s.
Man könnte, wie in vielen internationalen Großstädten (City-Sightseeing-Busse), mit den vorhandenen Rhein-Schiffen (KD und viele andere) -–– Zu- und Aussteigen, wo es mir gefällt !!! ––– eine BUGA von Koblenz bis Rüdesheim/Bingen mal ganz anders wahrnehmen.
Aber ein echtes Highlight ist aus meiner Sicht „NOCH“ nicht dabei…