Redaktion

Zurück in die Mittelrhein-Zukunft

Burg Maus über Wellmich. Foto: Romantischer Rhein / Henry Tornow

„Rhein und Romantik“ heißt eine der besten TV-Reportagen, die bisher über das Obere Mittelrheintal gedreht wurden. Sie stammt aus einem anderen Jahrhundert, denn der Mainzer Dokumentarfilmer Utz Kastenholz produzierte sie 1996 für den damaligen Südwestfunk. Umso interessanter ist es, Ideen, Hoffnungen und Sorgen der 90er mit dem Welterbetal des Jahres 2024 zu vergleichen. Der Steillagenweinbau hatte die schlimmste Talfahrt schon hinter sich, „Mittelrhein“ stand zwar noch nicht für das kleinste deutsche Anbaugebiet, aber die Rebfläche war schon damals von 2400 (!) auf unter 500 Hektar gefallen (heute: 460 ha). DieTransformation des Tourismus galt als das größere Problem. Die Gästezahlen gingen zurück, Kegeltouren und Busreisen kamen aus der Mode und – O-Ton – „billiger Andenkenkitsch“ – stand eher für Niedergang als für Neubeginn. 2 Hotelprofis kamen damals zu Wort, die später unterschiedliche Wege gingen: Martina Lorenz vom „Landsknecht“ in St. Goar-Fellen – hier noch unter ihrem Mädchennamen Nickenig – und Heiner Mades vom „Gelben Hof“ in Bacharach. Beiden waren bewusst, dass sich der Mittelrhein-Tourismus verändert und vor allem Lorenz ist die Sorge anzumerken, das traditionelle Schunkel-Klientel nicht vor den Kopf zu stoßen: Massentourismus sei „das Brot der Region“, gibt sie zu bedenken. 28 Jahre später wissen wir, Lorenz hat den Wandel geschafft, den Familienbetrieb modernisiert und ein „Weinhotel“ auf 3-Sterne-Superior-Niveau etabliert – zumindest, solange nicht direkt nebenan die Mittelrheinbrücke gebaut wird. Im „Gelben Hof“ in Bacharach dagegen ist der Generationsübergang gescheitert. 1996 erzählte Hotelier Mades – in Bacharach nach seinem Haus traditionsgemäß „der Gele“ genannt – noch von Gästen, die schon bei seinem Urgroßvater abgestiegen waren. Aber mangels Nachfolger verkaufte er einige Jahre später das Hotel. Das einstige erste Haus am Platz spielt in Bacharach längst keine Rolle mehr. Überhaupt kam vieles anders als gedacht. Niemand hatte damals so richtig auf dem Zettel, was den Mittelrhein-Tourismus heute voranbringt: Wanderlust und Fahrrad-Boom, aber auch Welterbe-Status, Gartenschauen und jüngeres, urbaneres Publikum wie im“Papa Rhein“. Niemand ahnte aber auch, was 2024 das Problem sein würde: das Angebot und nicht die Nachfrage. YouTube (Video), Landsknecht (Geschichte des Hotels)

Realschul-Boom in Boppard

Apropos Angebot und Nachfrage: In Boppard will man sich nicht mit der Schließung der katholischen Realschule Marienberg abfinden. Nicht nur Elternschaft und Kommunalpolitiker laufen Sturm, laut „RZ“ bekommt Schulleiterin Kerstin Ollmann jetzt auch eimerweise Anmeldungen für den Jahrgang 2025/26 und sogar schon für die folgenden Jahre. Als Alternative zur staatlichen „Realschule Plus“ genießt die bischöfliche Schule einen hervorragenden Ruf. Trotzdem will das Bistum Trier ab 2025 keine neuen Schüler mehr aufnehmen und den Betrieb in den kommenden Jahren bis zum totalen Exitus herunterfahren. Angeblich gibt es zu wenige Kinder und zu wenige Lehrer. Macht das Bistum so weiter, gibt es bald auch zu wenige Katholiken. Rhein-Zeitung (€), Realschule Marienberg Boppard

Foto des Tages

Jetzt den Mittelrheingold-Newsletter abonnieren

Mittelrheingold Auslese: Jeden Freitag die wichtigsten Mittelrhein-Themen auf einen Blick. Hier geht’s zum kostenlosen Abo.