Frank Zimmer

„Wir müssen jetzt mehr denn je zusammenarbeiten“

Corona trifft das Obere Mittelrheintal ins Mark: Kurz vor dem Saisonstart bricht das Tourismusgeschäft zusammen. Hotels schließen oder eröffnen gar nicht erst, Restaurants und Weinstuben können abends keine Gäste mehr bewirten. Der Bopparder Josef Mayer erlebt die schlimmste Krise seiner Branche aus nächster Nähe. Er ist Seniorchef des Familienbetriebs „Eiserner Ritter“ im Stadtteil Weiler und Kreisvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes. 4 Fragen an einen Gastronomen, der nie aufgibt.

Josef Meyer ist Dehoga-Chef im Rhein-Hunsrück-Kreis.
Josef Meyer ist Dehoga-Chef im Rhein-Hunsrück-Kreis.

Josef, du kennst die Hotellerie und Gastronomie am Mittelrhein seit Jahrzehnten in -und auswendig, hast selbst einen Betrieb geführt und bist jetzt Dehoga-Vorsitzender im Rhein-Hunsrück-Kreis. Hast du jemals eine ähnliche Krise erlebt wie jetzt gerade?

Nein! Und ich denke, dass kein Kollege, der ähnlich lange in unserem oder egal in welchem Gewerbe beschäftigt ist, sich an so eine Situation erinnern kann. Da ich ein positiv denkender Mensch bin, und ich kenne viele positiv denkende Kollegen, werden wir auch diese Situation meistern.

Um diese Situation jedoch geschäftlich zu überstehen,  brauchen wir in  diesem speziellen Fall zum ersten Mal finanzielle staatliche Hilfe und präzise Vorgaben vom Gesetzgeber. Ein Erlass vom 17. März mit der Maßnahme:

„Die Öffnungszeiten von Restaurants und Speisegaststätten werden auf 6:00 Uhr bis 18:00 Uhr begrenzt“

ist schwer nachvollziehbar. Was sollen diese Öffnungszeiten für die kleinen Betriebe auf dem Land? Hier ist das Mittagsgeschäft doch so oder so nicht gut. Nur billige Tagesgerichte werden gefragt,  und nur dafür ist das Personal zu teuer. Der Gast am Abend, der sich die Zeit zum Essen nimmt, bringt den Umsatz.

Ebenso unverständlich ist der Erlass:

„Übernachtungsangebote im Hotelgewerbe sind nur zu notwendigen und ausdrücklich nicht zu touristischen Zwecken zulässig“.

Soll ein Hotelbetrieb geöffnet bleiben um  eventuell 2 oder 3 notwendige Übernachtungen zu gewährleisten? Wer soll diesen Aufwand bezahlen? Außerdem müssen  wir auch unser Personal vor Ansteckung schützen!

Ein Kollege fragt bei mir an: Ist der Coronavirus nur von  6 – 18 Uhr gefährlich für unser Personal?  Ich bitte darum diese Anweisung zu ändern, und unsere Familien und Mitarbeiter keiner Gefahr auszusetzen.  Service heißt: Kontakt unter 1.50 Meter. Das ist nicht möglich. Konsequenz ist unsere einzige Chance. Komplette Schließung für eine kurze Zeit ist besser als eine verschleppte Gefahr.

Welche Betriebe treffen die Maßnahmen gegen Corona besonders hart?

Alle Betriebe, egal ob Hotel, Restaurant oder den Imbiss.

Wie kann man eurer Branche helfen?

Zunächst, indem der Staat die komplette Schließung fordert und Sofortmaßnahmen in die Wege leitet. Für uns in Boppard habe ich heute, in meiner Eigenschaft als Kreisvorsitzender des Dehoga und als Stadtratsmitglied, in einem Schreiben an den Bürgermeister und den Stadtrat die Aussetzung der Abschlagszahlungen für den Touristenbeitrag und den Gästebeitrag gefordert. Hierzu haben sich schon einige Stadtratsmitglieder und der Bürgermeister positiv geäußert.

Im Tal versuchen immer wieder neue Gastronomen ihr Glück. Welchen Rat hast du jetzt für sie?

Wie gesagt: Da ich ein positiv denkender Mensch bin, und ich kenne viele positiv denkende  Kollegen, werden wir auch diese Situation meistern. Als uns in den 90er Jahren die BSE-Krise heimsuchte, sahen sich viele gezwungen, kein Rindfleisch ins Angebot zu nehmen. Damals hatte ich die Idee, unseren „Hunsrück-Metzger“ Wolf aus Woppenroth mit ins Boot zu nehmen.  Ich fragte ihn nach Kalbsbries, worauf er mich für verrückt erklärte. „Kein Mensch isst jetzt Bries“, argumentierte er.

„Man muss die Menschen nur richtig aufklären, ihnen die Herkunft des Tieres, den Bauernhof und die Metzgerei nennen, in der geschlachtet wird, und wir werden Kunden finden“, gab ich ihm zur Antwort. Er begann, Bries zu sammeln und während der Spargelsaison stand im „Eisernen Ritter“ Kalbsbries in Butter gebraten mit frischem Stangenspargel auf der Karte. Wir hätten mehr Bries verkaufen können, als der Hunsrück sie hergab.

Ähnlich erging es in der Zeit der Geflügelgrippe, die ja heute auch wieder aktuell ist Produkte aus sicherer Herkunft, aus der Region zu kaufen war und ist meine Devise. Eifel, Westerwald, Taunus und unser Hunsrück bringen tolle Grundprodukte –in einem Radius von 50 Kilometern – hervor, die von ehrlichen Erzeugern produziert werden.

Unsere Mittelrhein-Winzer liefern uns die besten Rieslinge der Welt.

Natürlich darf es auch das ein oder andere Produkt aus internationalen Gewässern oder Weiden auf der Speisenkarte geben. Den Vorrang sollten  jedoch die heimischen haben.

Wenn sich alle auf den Weg machen und nach der Krise mit uns diesen Weg beschreiten, habe ich vor der Zukunft keine Angst. Viele kennen meine Einstellung seit Jahren: Nur gemeinsam sind wir stark!

Dieser Leitfaden hat mein Geschäft- und Privatleben  seit Jahrzehnten geprägt.

Jetzt sind alle gefordert mit an einem Strang zu ziehen!

Wir müssen jetzt mehr denn je zusammen arbeiten, damit wir eine noch nie dagewesene Situation wie diese meistern!

Alteingesessene sowie neue Kollegen, die sich an dieser Art zu arbeiten anschließen,brauchen vor der Zukunft keine Angst zu haben.

Kein Bedarf in Oberwesel

Mit der Inneren Medizin verschwand im vergangenen Jahr auch die Intensivstation im Krankenhaus Oberwesel. Trotz Corona-Krise wird es aber wohl kein Revival geben. Dagegen sperrt sich der Haupteigentümer Marienhaus: „Wir werden dort sicherlich keine neuen Kapazitäten schaffen können“, zitiert die „RZ“ einen Sprecher des katholischen Krankenhaus-Konzerns.  Man werde bei Bedarf an anderen Standorten aufstocken, nicht in Oberwesel, heißt es. Die Loreley-Kliniken in Oberwesel und St. Goar stehen zum Verkauf und haben bisher noch keinen seriösen Interessenten gefunden. Rhein-Zeitung

Leere in Lahnstein

Die Corona-Krise trifft neben der Gastronomie auch den Einzelhandel am Mittelrhein hart. In Lahnstein kämpfen u. a. die Buchhandlung Mentges und das Modehaus Cleo. „RZ“-Redakteurin Karin Kring hat sich in der leeren Innenstadt umgeschaut und kurz vor der Schließung noch mit Händlerinnen unterhalten. Mentges darf zumindest noch Zeitungen verkaufen. Rhein-Zeitung

Der neue Mr. Loreley

SPD-Kandidat Mike Weiland hat die Bürgermeisterwahl in der Verbandsgemeinde Loreley unerwartet klar gewonnen. Der Büroleiter von Innenminister Roger Lewentz holte 60 Prozent, Amtsinhaber Werner Groß kam nur auf 32 Prozent, und 2 weitere Kandidaten spielten keine Rolle. Damit sind innerhalb von 9 Monaten alle 3 hauptamtlichen CDU-Bürgermeister auf der rechten Rheinseite abgewählt worden. Im Juni hatte es Jürgen Helbing in Lorch erwischt und im November Volker Mosler in Rüdesheim. Ärger für die SPD gab es diese Woche trotzdem: Ein Wahlparty-Foto mit Lewentz, Weiland und Fans stieß wegen zu enger Tuchfühlung im Corona-Land auf Unverständnis.  Rhein-Zeitung, Allgemeine Zeitung, Mittelrheingold (Interview mit Mike Weiland, Februar 2020)

Ein Blick auf die Buga 2029

In Lorch macht sich eine Bundegartenschau-Kommission an die Arbeit. Neben Kommunalpolitikern packen 13 engagierte Bürger an, darunter Apothekerin Kathrin Büschenfeld, Landschaftsbau-Professor Andreas Thon und der Winzer und Querterrassen-Pionier Gilbert Laquai. Auch nebenan in Rüdesheim tut sich was. Die Wählergruppe WIR hat erste Vorschläge für 2029 vorgelegt, darunter einen 24-Stunden-Fährbetrieb während der Buga-Monate. Wiesbadener Kurier (Lorch), Wiesbadener Kurier (Rüdesheim)

Video der Woche

Ab in den Wald! So lange es noch keine Ausgangssperren gibt, empfehlen Chefarzt Matthias Rudolph von der Bad Salziger Mittelrhein-Klinik und Boppards Forstamtschef Axel Henke einsame Spaziergänge im Grünen. Wald-Wanderungen stärken das Immunsystem und helfen gegen Lagerkoller und innere Unruhe. Voraussetzung ist natürlich, dass sie nicht in Massenveranstaltungen ausarten und Abstand eingehalten wird. Platz gibt es eigentlich genug. Allein die Forstreviere auf der linken Rheinseite zwischen Boppard und Bingen umfassen rund 19.000 Hektar Wald; das ist mehr als das Fürstentum Liechtenstein. Henke und Rudolph erklären ihr „kleines Impfmittel vor der Haustür“ in einem SWR-Video.

Mittelrhein-Zahl der Woche

Rund 1,5 Millionen Liter Wasser fasst der Löschteich der Feuerwehr Heimbachtal im Binger Wald. Im Dezember musst er wegen dringender Sanierungsarbeiten abgepumpt werden. Damals war nicht klar, wie schnell er sich wieder auffüllen würde. Die bange Frage ist jetzt beantwortet: Schneller als gedacht. Nach dem verregneten Winter ist wieder mehr als genug Wasser da. Allgemeine Zeitung

Termine der Woche ….

… gibt es wegen Corona erstmal nicht.

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Foto der Woche

Das Beste zum Schluss

Franziskus Weinert und Christian Büning vom Oberweseler Gewerbeverein haben eine Plattform für Nachbarschaftshilfe ins Netz gestellt: „Vermittelrhein – Corona Care in der Region“. Auf der Seite bieten Bürger ihre Hilfe bei Einkauf oder Betreuung an. vermittelrhein.de

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