Die Fähr-Branche am Mittelrhein ist ähnlich zersplittert wie das Tal selbst. Zwischen Bingen und Koblenz wirtschaften 5 unabhängige Traditionsbetriebe nach jeweils eigenen Regeln; einen welterbeweiten Tarifverbund gibt es seit Ende 2019 nicht mehr. Damals scherten Boppard/Filsen und St. Goar/St. Goarshausen aus dem „Fährbund Mittelrhein“ aus. Übrig blieben Kaub, Niederheimbach/Lorch (Foto) und Bingen/Rüdesheim sowie ein Stück stromaufwärts und schon außerhalb des Welterbegebietes die Fähre zwischen Ingelheim und Oestrich-Winkel. Genau dort bahnt sich eine kleine Revolution an. Der Ingelheimer Fährbetreiber Michael Maul – zugleich Sprecher des Fährbundes Mittelrhein – hat seinen Betrieb gerade an die Flensburger Reederei FRS verkauft. Damit fasst erstmals ein internationales Großunternehmen Fuß im hochspezialisierten Mittelrhein-Fährgeschäft. FRS war bisher vor allem an Küsten unterwegs, drängt jetzt aber verstärkt auf Binnengewässer. Die Flensburger betreiben Fährlinien in der Ost- und Nordsee, an der Unterelbe, in Spanien, Albanien, im Golf von Oman und der Karibik, dazu kommen Ausflugsschiffe u. a. in Lissabon und mehreren Häfen in Norddeutschland. Die Flotte umfasst rund 70 Schiffe. Für das Rheintal hat FRS offenbar weitreichende Pläne. Die Übernahme der Rheinfähre Maul lege „den Grundstein für eine langfristige Entwicklung am Mittelrhein“, kündigt Geschäftsführer Tim Kunstmann an. Man sei „offen für zukünftige Kooperationen in der Region“ und freue sich „darauf, gemeinsam mit lokalen Partnern und Akteuren neue Impulse für die Entwicklung am Mittelrhein zu setzen“. FRS kommt zu einen spannenden Zeitpunkt an den Rhein. Dabei ist der mögliche Brückenbau zwischen Wellmich und Fellen für die meisten Betriebe noch das geringste Problem. Nachwuchssorgen, Fachkräftemangel, Klimawandel und Innovationsdruck machen ihnen momentan mehr zu schaffen. Der ungleich reichere Fährbetreiber aus dem hohen Norden hat mit den alteingesessenen Fährleuten am Rhein eines gemeinsam: Es ist ein Familienunternehmen. Größter Anteilseigner von FRS („Förde Reederei Seetouristik“) ist die frühere Flensburger Rum-Dynastie Dethleffsen, die auch die Mehrheit an der Flensburger Brauerei hält. FRS (Pressemitteilung), Fährbund Mittelrhein
Foto: Maximilian Semsch/Romantischer Rhein Tourismus GmbH (CC BY SA 4.0)
Foto des Tages
Jetzt den Mittelrheingold-Newsletter abonnieren
Mittelrheingold Auslese: Jeden Freitag die wichtigsten Mittelrhein-Themen auf einen Blick. Hier geht’s zum kostenlosen Abo.