Welterbestatus, Landschaftsschutz, Bau-Bürokratie, Fachkräftemangel, leere Kassen und drohende Klagen von Umwelt-Aktivisten: Eigentlich ist der Bau der Mittelrheinbrücke schon kompliziert genug. Über ein weiteres Problem sprechen Mittelrhein-Politiker nur hinter vorgehaltener Hand: Ein Architekturbüro aus Irland könnte den Bau blockieren und noch mehr verteuern. Der Grund dafür ist ein internationaler Architekturwettbewerb, der über 16 Jahre zurückliegt. Damals zeichnete der rheinland-pfälzische Landesbetrieb Mobilität (LBM) das Büro Heneghan Peng Architects aus Dublin mit dem 1. Preis aus. Die Iren gewannen mit einem elegant geschwungenen Brückenentwurf, dessen Design an die Windungen des Flusses und das Fachwerk im Tal erinnern soll. Es gab es viel Anerkennung, 40.000 Euro Prämie und einen warmen Platz in den Akten der rheinland-pfälzischen Bauverwaltung. Realisiert wurde nichts. 2011 legte die damalige Landesregierung alle Brückenpläne für mehrere Jahre auf Eis. Gleichzeitig wuchsen die Zweifel, ob das der Entwurf aus Dublin überhaupt umgesetzt werden kann, denn er wirkt zu niedrig für den tatsächlichen Frachtverkehr . Laut SWR müsste die Brücke bis zu 27 Meter hoch sein, das entspricht in etwa dem Kirchturm von Wellmich. Der größere Abstand ist wichtig, damit Container-Schiffe mitsamt ihren Radaranlagen auch bei Hochwasser passieren können. Die Unesco besteht darum auf einen neuen Wettbewerb mit realistischen Resultaten. Das Problem ist: Der Sieger von 2009 kann nicht einfach übergangen werden. Nach den Regeln für internationale Architekturwettbewerbe muss ihn das Land am Bau beteiligen oder für das entgangene Honorar entschädigen. Im schlimmsten Fall zahlt man nicht nur für den Wettbewerb, sondern auch für den Architekten doppelt. Die Kosten mag derzeit niemand abschätzen. Der Entwurf aus Dublin werde „bei den weiteren Planungen und Überlegungen beachtet und einbezogen“, versichert der LBM auf Anfrage von Mittelrheingold. Zunächst müsse aber „der endgültige Brückenstandort und damit verbunden die Frage der Umsetzbarkeit des Siegerentwurfs geklärt werden.“ Mit Heneghan Peng sei man derzeit nicht in Kontakt. Das Architekturbüro selbst, das auch eine deutsche Niederlassung in Berlin unterhält, äußert sich nicht. Dass es teuer werden könnte, weiß man auch im LBM: „Es ist richtig, dass eine Entschädigung bzw. Beteiligung von Heneghan Peng nicht ausgeschlossen werden kann.“ Statements des LBM, sueddeutsche.de (2022, neuer Wettbewerb), SWR (2024, Mindesthöhe), Heneghan Peng (Entwürfe 2009, mit Visualisierungen)
Foto / Visualisierung: Heneghan Peng für den Landesbetrieb Mobilität
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Architekturprojekte beginnen mit einer guten Idee und werden dann weiterentwickelt, sind ein Prozess. Warum setzt man sich nicht mit dem ausgezeichneten Architekturbüro und Tragwerksplaner zusammen, und versucht eine Lösung für die von der Wettbewerbsauschreibung geänderten Anforderungen zu finden? Wäre das nicht ein logischer, progressiver und dem Wettbewerbsgewinner gegenüber fairer Ansatz? Damit spart sich das Land einen neuen Wettbewerb, dem Steuerzahler weitere unnötige Ausgaben und allen sich erneut beteiligenden Architekturbüros und Tragwerksplanern eine Menge unvergütete Zeit und Arbeit -denn selbst ein Preisgeld deckt die Unkosten des Wettbewerbs für ein Architekturbüro nicht, und dafür muss man sich erst gegen oft bis zu 30 Bewerbern durchsetzen- und bekommt dann vielleicht auch wieder nur einen warmen Platz in den Akten. Die Formulierung, ein Irisches Büro verteuert die Baukosten ist hier irreführend und hat einen merkwürdigen Beigeschmack. Projekte werden nicht ohne Grund EU-weit ausgeschrieben. Das hier jahrelange Uneinigkeit aller sonst am Projekt Beteiligten herrscht und die Rahmenbedingungen vor Wettbewerbsauslobung nicht abschliessend geklärt waren ist in der heutigen Architekturlandschaft leider keine Seltenheit, Architekten sind aber hier die Leidtragenden, nicht die Verursacher.