Redaktion

Die Brücke in den „Tagesthemen“

Tagesthemen-Sendung zur Mittelrheinbrücke. Screenshot: ARD

Die ARD-„Tagesthemen“ waren erneut im Welterbetal unterwegs. Nach der Reportage über Jungwinzer in Oberwesel im August ging es diese Woche um eines der größten Mittelrheinthemen überhaupt, die Brücke zwischen Wellmich und Fellen. Der knapp 5-minütige Beitrag ist besonders sehenswert, weil Reporter Christian Kretschmer nicht nur die bekannten Pro- und Contra-Positionen präsentiert, sondern auch Zwischentöne bringt. Zu Wort kommen etwa Marion Tänzer aus St. Goar, die jeden Morgen zur Arbeit nach St. Goarshausen übersetzt. Eine Brücke würde ihr Leben erleichtern, trotzdem ist ihr der Wasserweg ans Herz gewachsen („Die Fähre ist ein Kulturgut“). Und dann ist da noch Martina Lorenz aus St. Goar-Fellen. Die Chefin des Weinhotels „Landsknecht“ müsste für den Brückenbau wohl ihr Grundstück opfern und den Betrieb schließen. Größere Investitionen wie ein Anbau sind schon jetzt nicht mehr möglich. Für die frühere Mittelrhein-Weinkönigin (1994/1995 unter ihrem Mädchennamen Martina Nickenig) ist der „Landsknecht“ mehr als ein Geschäft. Es sei „das Lebenswerk meiner Familie“. Ihr Kollege von der rechten Rheinseite, Marcus Fetz aus Dörscheid, hofft dagegen auf die Brücke. Ihm fehlt immer wieder Personal für seine „Fetz Loreley-Hotel“; gerade musste er einen Koch ziehen lassen, der linksrheinisch wohnt und nach Feierabend nicht mehr über den Fluss kam. YouTube (ARD-Video)
Screenshot: ARD

Rüdesheim bei Nacht

Apropos Fähre: In Rüdesheim finanziert die Kommune verlängerte Fährzeiten während des Weihnachtsmarktes. Freitags und samstags pendelt die Binger Autofähre bis 23 Uhr 30 und damit eineinhalb Stunden länger als im Winter üblich. Ein städtischer Zuschuss von 7.000 Euro soll die unrentablen Betriebskosten abdecken, Tickets müssen trotzdem gezahlt werden. Komplett gratis ist dagegen ein neuer Shuttle-Service zwischen Hafenpark und Altstadt, der „Winzer-‚Express“. Hierfür nimmt die Stadt 12.000 Euro in die Hand. Das Geld kommt aus dem Tourismusbeitrag, den die Rüdesheimer Wirte abführen müssen. „Winzer-Express“ und Fähr-Zuschuss sind Modellprojekte, die bei Erfolg auch im kommenden Jahr stattfinden können. Wiesbadener Kurier (€)

Die Angst vor dem Verkehrsinfarkt

Die Sperrung der Lahnhochbrücke ist für Lahnstein und Umgebung schon schlimm genug, aber 2024 drohen noch 2 weitere Blockaden auf der rechtsrheinischen B 42. Wegen neuer Ortsdurchfahrten und Radwege könnte es 2024 Vollsperrungen in Kestert und Osterspai geben. Das wäre für Pendler nervig und für viele Unternehmen in der Region verheerend. Bei einer Informationsveranstaltung in der Lahnsteiner Stadthalle gab es heftige Kritik u. a. von Wolfgang Böhm, Geschäftsführer der Chemiefirma Zschimmer & Schwarz. O-Ton: „Sollte es eine solche Vollsperrung am Rhein geben, sind in Lahnstein 1000 Arbeitsplätze weg“. Der zuständige Landesbetrieb Mobilität sucht jetzt nach einer anderen Lösung. Herausforderungen sind die schwierige Geografie am Mittelrhein und der enge Zeitplan bis zur Buga. Rhein-Zeitung (€)

Foto des Tages

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5 Gedanken zu „Die Brücke in den „Tagesthemen““

  1. B42:
    Die Rheingemeinden noch mehr abgeschnitten – der Protest ist da, aber klingt leiser, als der Protest über eintausend Arbeitsplätze, die nicht mehr erreicht werden können. Schade, denn, was es für das eigene Leben bedeutet, wenn das Zuhause nur noch über lange Umwege erreicht werden kann, ist denkbar. Vor Allem dort, wo die lokale Infrastruktur sowieso geschrumpft ist. Wo jede Kleinigkeit des Alltags mit einer Autofahrt, sei es in einen Nachbarort oder bis nach Koblenz oder Boppard, verbunden ist.
    Die Planung dieser sicherlich notwendigen Baustellen ist nicht in Ordnung. Es muss aus meiner Sicht mehr Rücksicht auf die Bevöölkerung genommen werden. Vielleicht sind Sonderzüge oder vergünstigte Tickets eine Option, um in den Rheinanliegergemeinden temporär für eine Linderung der Problematik zu sorgen.

    Brücke:
    Zamperoni leitet den Film ein mit einem alten Bild im Hintergrund, auf dem noch das Hotel zu sehen ist und schon der erste Satz der Stimme aus dem Off reduziert das Mittelrheintal auf Burgen, Unesco, Traumlandschaft. Schön sind die aktuellen Bilder aus St. Goarshausen mit dem morbiden Charme vernachlässigter, verfallender Sechziger-Jahre-Hotellerie zu Ausführungen über die Fähre als Kulturgut und später dem Satz über eine befürchtete Verschandelung der Landschaft durch eine Brücke. Bild und Ton kontrastieren und illustrieren das hervorragend.
    Zynisch ist es für mich auch, dass Thomas von der BI Rheinpassagen mehr Verkehr durch eine Brücke befürchtet, während seine Initiative länger und häufiger fahrende Fähren fordert.
    Außerdem vermisse ich eine Güterabwägung zwischen positivem Effekt einer Brücke und negativem des Verlustes des Welterbetitels, falls sich die Unesco tatsächlich auf diese Sichtachsenargumentation festlegt. Für mich legt das auch die Art von Tourismus fest, die angeboten werden kann. Wer nur wert legt auf „Schön aus der Ferne, bei der Vorbeifahrt auf Wasser und Straße“ verpasst die Entwicklung zum langsameren, tieferen, entdeckenden Tourismus, bei dem es dem geneigten Wanderer oft genug sauer aufstößt, dass da zwar dutzende Burgen bzw. Ruinen herumstehen, aber diese meistens nicht zu besichtigen sind, zum Hotel, Restaurant oder Jugendherberge umgebaut, in Privatbesitz, vor hunderfünfzig Jahren von irgendwelchen Industriellen in Fantasieschlösser verwandelt oder sonstwie auf den zweiten Blick eben anders erscheinen, als es der weitschweifende Blick von unten hätte vermuten lassen. Und alle die Burgen, die auch nur einen halben Meter im Hinterland stehen und dadurch vom Rhein aus nicht sichtbar sind, werden sowieso nicht erwähnt oder erlebbar gemacht. Es liegen noch einige Perlen herum, keine 5km Luftlinie vom Rhein die Reichenberg zum Beispiel.
    Das Video schließt mit einem Zoom-In auf Burg Maus, deren Falknerei nach einem Pächter sucht und die regulär nicht besichtigt werden kann. Aber schön anzusehen ist sie – von unten. Wenn man vor ihr steht, sieht man die Außenmauer und das Tor.

  2. Der Staat sollte alle Fähren am Rhein so bezuschussen, dass sie kostenlos oder gegen kleines Geld auch nachts fahren ( nachts nur als Ruffähre!
    Wenn man überlegt was eine neue Rheinbrücke kostet und die jährliche Wartung und Unterhaltung einberechnet, sollte das auch mal in die Überlegung en fließen!

    • Gute Idee, nur: Welcher Teil des Staates?
      Die Fähren Bingen, Kaub, St. Goar, Boppard verbinden mindestens zwei Bundesstraßen miteinander, der Bund hatte mit irgendeiner Förderung überhaupt nichts zu tun bisher. Die Kommunen sind klamm und das Land RLP hatte mal projektweise eine Fähre subventioniert, die hatte danach aber keine Lust mehr, weiterzumachen. Und damals gings meines Wissens nach nur um längere Fahrzeiten, nicht um bezuschusste Fahrtkosten für die Bürger.
      Wenn eine Brücke gebaut wird, ist das natürlich ein Riesenprojekt, aber man wird schon ausloten, aus welchen Töpfen man sowas finanzieren kann. Dann muss keiner alle Kosten tragen.

  3. Für mich sind Fähren genauso wie Faxgeräte nicht mehr zeitgemäß! An der Mosel zwischen Koblenz und Trier befinden sich viele schöne Brücken, warum also nicht auch am Mittelrhein. Hier wird eine ganze Region kulturell und wirtschaftlich abgehängt. Die Immobilienpreise fallen zusehends und Investitionen werden keine mehr getätigt. Die Orte sterben aus. Für uns ist das einen Situation zum Auswandern!

  4. Für mich sind Fähren genauso wie Faxgeräte nicht mehr zeitgemäß! An der Mosel zwischen Koblenz und Trier befinden sich viele schöne Brücken, warum also nicht auch am Mittelrhein. Hier wird eine ganze Region kulturell und wirtschaftlich abgehängt. Die Immobilienpreise fallen zusehends und Investitionen werden keine mehr getätigt. Die Orte sterben aus. Für uns ist das eine Situation zum Auswandern!

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